Ordnungsbehördliche Allgemeinverfügung zur Anordnung der Aufstallung von Geflügel vom 21.12.2016
Aufgrund
- des § 37 Satz 1 Nr. 1 bis 3 sowie 6 und 7 des Tiergesundheitsgesetzes vom 22. Mai 2013 (BGBl. I S. 1324), zuletzt geändert durch Artikel 4 Abs. 85 des Gesetzes vom 18. Juli 2016 (BGBl. I S. 1666), (TierGesG),
- des § 13 der Geflügelpest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Mai 2013 (BGBl. I S. 1212), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom. 29. Juni 2016 (BGBl. I S. 1564), (GeflPestSchV),
- des § 1 der Verordnung über Zuständigkeiten auf den Gebieten der Tiergesundheit, Tierseuchenbekämpfung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte sowie zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von Tierseuchenverordnungen vom 27. Februar 1996 (GV. NW. S. 104) zuletzt geändert durch die Verordnung vom 1. März 2016 (GV. NRW. S. 148)
- des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 (BGBl. I S. 686) in der jeweils geltenden Fassung
wird bekannt gemacht:
Zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung des hochpathogenen aviären Influenzavirus (Geflügelpest) wird angeordnet:
I.
Alle Halterinnen und Halter von Geflügel im Rhein-Kreis Neuss haben mit sofortiger Wirkung in den nachfolgend bezeichneten Gebieten Hühner, Truthühner, Perlhühner, Rebhühner, Fasane, Laufvögel, Wachteln, Enten oder Gänse (Geflügel) ausschließlich
- in geschlossenen Ställen oder
- unter einer Vorrichtung, die aus einer überstehenden, nach oben gegen Einträge gesicherten dichten Abdeckung und mit einer gegen das Eindringen von Wildvögeln gesicherten Seitenbegrenzung bestehen muss (Schutzvorrichtung, Voliere) zu halten.
II.
Die Anordnung zur Aufstallung nach I. dieser Verfügung gilt im gesamten Gebiet des Rhein-Kreises Neuss.
III.
Die sofortige Vollziehung der unter I. und II. getroffenen Anordnungen dieser Tierseuchenverfügung wird angeordnet.
IV.
Diese Tierseuchenverfügung gilt mit dem auf die Bekanntmachung folgenden Tag als bekanntgegeben.
Begründung:
1.
In Schleswig-Holstein ist am 8. November 2016 ein Ausbruch von Geflügelpest in einem Hausgeflügelbestand festgestellt worden. Als Erregertyp wurde das Influenza-Virus vom hochpathogenen Typ H5N8 nachgewiesen. Vorangegangen war der Fund von über 100 toten Wasservögeln, überwiegend Reiherenten, rund um die Seen der Stadt Plön. Weitere Ausbrüche in zwischenzeitlich 13 Bundesländern liegen vor. Aufgrund des Nachweises des Influenza-Virus Typ H5N8 in einem Putenmastbetrieb im Kreis Soest am 17. Dezember 2016 ist aufgrund einer Risikobewertung eine landesweite Aufstallungspflicht für Geflügel erforderlich. Das Bundesinstitut für Tiergesundheit (Friedrich-Loeffler-Institut - FLI -) hat zuletzt am 02. Dezember 2016 das Risiko einer Einschleppung der Geflügelpest aus Wildbeständen in Hausgeflügelbestände als weiterhin hoch eingestuft.
2.
Die Kreisordnungsbehörde ist nach § 1 der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Tiergesundheit, Tierseuchenbekämpfung und Beseitigung tierischer Nebenprodukte sowie zur Übertragung von Ermächtigungen zum Erlass von Tierseuchenverordnungen v. 27.02.1996 (GV NRW S. 104) in der zur Zeit geltenden Fassung für den Erlass der Tierseuchenverfügung zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung des hochpathogenen aviären Influenzavirus (Geflügelpest) in Hausgeflügelbestände zuständig.
Zu I. und II.:
Rechtsgrundlage für die unter I. angeordnete Aufstallungspflicht und die unter II. erfolgte Risikobewertung ist § 13 Absatz 1 und Absatz 2 der Geflügelpest-Verordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. Mai 2013 (BGBl. I S. 1212), die durch Artikel 1 der Verordnung vom 29. Juni 2016 (BGBl. I S. 1564) geändert worden ist.
Danach ordnet die zuständige Behörde eine Aufstallung des Geflügels in der erfolgten Art und Weise an, soweit dies auf der Grundlage einer Risikobewertung zur Vermeidung der Einschleppung oder Verschleppung der Geflügelpest durch Wildvögel erforderlich ist.
Die Anordnung der Aufstallung basiert auf einer Risikobewertung nach § 13 Absatz 2 Geflügelpest-Verordnung. Bei der in den Wild- und Hausgeflügelbeständen festgestellten aviären Influenza (Typ H5N8) handelt es sich um eine hoch ansteckende und anzeigepflichtige Viruserkrankung des Geflügels und anderer Vogelarten, die schnell epidemische Ausmaße annehmen und damit Tierverluste und große wirtschaftliche Schäden zur Folge haben kann. Auf Grund der Risikobewertung des FLI vom 02. Dezember 2016 wird das Risiko einer Einschleppung der Geflügelpest aus dem Wildbestand in Hausgeflügelbestände als hoch eingestuft. Um einem hohen Risiko des Eintrags der Geflügelpest in Geflügel haltende Betriebe und Privathaltungen durch infizierte Wildvögel so weit wie möglich vorzubeugen, sind Kontakte zwischen Wildvögeln und Hausgeflügel möglichst zu vermeiden. Die wirkungsvollste und zugleich erforderliche Maßnahme, um dieses Ziel zu erreichen, ist die Aufstallung des Hausgeflügels. Andere, weniger belastende Maßnahmen, die den gleichen Schutzzweck erreichen, sind nicht erkennbar.
Die Maßnahme wurde unter Berücksichtigung des mir eingeräumten Ermessens sowie des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften getroffen. Andere - ggf. mildere - Möglichkeiten, die Tierseuche schnell und wirksam einzudämmen, sind nicht ersichtlich. Aus diesem Grund wurde die Aufstallung des Geflügels in dem gesamten Kreisgebiet angeordnet.
Zu III.:
Gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der VwGO wurde unter III. die sofortige Vollziehung der Maßnahme angeordnet. Ein Widerspruch gegen diese Tierseuchenverfügung hat damit keine aufschiebende Wirkung. Ein besonderes öffentliches Interesse für die Anordnung der sofortigen Vollziehung ist hier gegeben, weil durch eine Einschleppung der aviären Influenza durch Wildvögel in Hausgeflügelbestände die Gefahr von tiergesundheitlichen wie auch von wirtschaftlichen Schäden erheblich wäre und deshalb sofort zu unterbinden ist. Eine effektive Tierseuchenprävention zum Schutz hoher Rechtsgüter erfordert hier ein Zurückstehen der Individualinteressen von betroffenen Geflügelhaltern am Eintritt der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs. Das öffentliche Interesse an umgehenden Maßnahmen zum Schutz gegen eine Einschleppung und Weiterverbreitung der Geflügelpest überwiegt.
Zu IV.:
Auf Grundlage der §§ 41 Absatz 4 Satz 4, 43 Absatz 1 VwVfG NRW kann -wie in IV. des Tenors erfolgt- als Zeitpunkt der Bekanntgabe einer Allgemeinverfügung der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden. Damit wird die Tierseuchenverfügung einen Tag nach Bekanntgabe wirksam.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Verfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich beim Landrat des Rhein-Kreises Neuss in 41460 Neuss, Oberstraße 91 (41513 Grevenbroich, Lindenstr. 2-16) oder zur Niederschrift im Servicecenter des Kreishauses Neuss, Oberstr. 91, Zimmer E 11 bzw. im Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt in 41515 Grevenbroich, Auf der Schanze 4, Zimmer 0.11, einzulegen.
Falls die Frist durch das Verschulden eines von Ihnen Bevollmächtigten versäumt werden sollte, würde dessen Verschulden Ihnen zugerechnet werden.
Gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung können Sie beim Verwaltungsgericht in 40213 Düsseldorf, Bastionstr. 39, einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs stellen (§ 80 Abs. 5 VwGO).
Der Antrag kann auch in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande NRW (ERVVO VG/FG) vom 07.11.2012 (GV. NRW. 2012 Seite 548) eingereicht oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erklärt werden. Das elektronische Dokument muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach § 2 Nr. 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I Seite 876) in der jeweils geltenden Fassung versehen sein und an die elektronische Poststelle des Gerichts übermittelt werden
Bei der Verwendung der elektronischen Form sind besondere technische Rahmenbedingungen zu beachten. Die besonderen technischen Voraussetzungen sind unter www.egvp.de aufgeführt.
Hinweise
In begründeten Einzelfällen kann die zuständige Behörde auf Antrag Ausnahmen von der angeordneten Aufstallung genehmigen, wenn die Voraussetzungen nach § 13 Absatz 3 Geflügelpest-Verordnung vorliegen und die Einhaltung der Anforderungen in § 13 Absatz 4 bis 7 Geflügelpest-Verordnung sichergestellt ist.
Wer gegen die Aufstallungsanordnung vorsätzlich oder fahrlässig verstößt, verwirklicht den Bußgeldtatbestand des § 64 Nummer 17 Geflügelpest-Verordnung, was nach § 32 Absatz 2 Nr. 4 Buchstabe a und Absatz 3 des Tiergesundheitsgesetzes mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro geahndet werden kann.
Die Tierseuchenverfügung kann beim Landrat des Rhein-Kreises Neuss, Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt, Auf der Schanze 4, 41515 Grevenbroich eingesehen und auf der Internetseite der Kreisverwaltung Rhein-Kreis Neuss unter dem Link www.rhein-kreis-neuss.de/bekanntmachung abgerufen werden.
Bekanntmachungsanordnung:
Die vorstehende Tierseuchenverfügung wird hiermit öffentlich bekanntgemacht.
Hinweis:
Gemäß § 5 Absatz 6 der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen kann die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften der Kreisordnung für das Land Nordrhein-Westfalen gegen die vorstehende Verfügung nach Ablauf eines Jahres seit ihrer Verkündung nicht mehr geltend gemacht werden, es sei denn
- Eine vorgeschriebene Genehmigung fehlt oder ein vorgeschriebenes Anzeigeverfahren nicht durchgeführt wurde,
- die Allgemeinverfügung ist nicht ordnungsgemäß öffentlich bekanntgemacht worden,
- der Form- oder Verfahrensmangel ist gegenüber dem Kreis vorher gerügt und dabei die verletzte Rechtsvorschrift und die Tatsache bezeichnet worden, die den Mangel ergibt.
Neuss/Grevenbroich, den 21.12.2016
gez.
Petrauschke
Landrat
Veröffentlicht am: 22.12.2016 00:00 Uhr