Europäische Kommission legt Vorschlag für neue Patentvorschriften zum Schutz des geistigen Eigentums vor
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Die Europäische Kommission hat am 27.04.2023 neue Vorschriften zu Patenten in der EU vorgeschlagen; diese sollen, insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen (KMU´s) helfen, „das Beste“ aus ihren Erfindungen zu machen, neue Technologien zu nutzen und die EU insgesamt wettbewerbsfähiger zu machen.
Die Vorschläge betreffen standardessentielle Patente, Zwangslizenzierungen und ergänzende Schutzzertifikate und sollen nach dem Willen der Europäischen Kommission das Patentsystem effektiver gestalten, indem die Fragmentierung des Binnenmarktes weiter beseitigt, der bürokratische Aufwand verringert und die Effizienz erhöht wird. So soll der neue Patentrahmen die Wirtschaftsteilnehmer und die zuständigen Behörden in die Lage versetzen, Innovationen besser zu schützen und gleichzeitig einen fairen Zugang zu gewährleisten, auch in Notsituationen.
Immaterielle Vermögenswerte wie Marken, Geschmacksmuster, Patente und Daten werden in der heutigen wissensbasierten Wirtschaft immer wichtiger. Geistiges Eigentum (IP) ist ein wichtiger Motor für das Wirtschaftswachstum, da es den Unternehmen hilft, den Wert ihrer immateriellen Vermögenswerte zu steigern. Auf schutzrechtsintensive Branchen entfällt fast die Hälfte des gesamten BIP und über 90 Prozent aller EU-Ausfuhren. Im Zeitraum 2017-2019 entfielen fast 76 Prozent des Intra-EU-Handels auf patentintensive Branchen.
Die heutigen Vorschläge sollen das System des Einheitspatents ergänzen, das am 1. Juni in Kraft treten wird. Ausgangspunkt sind die bestehenden Bestimmungen und Grundsätze des internationalen und des EU-Rechts für geistiges Eigentum.
Standardessenzielle Patente
Standardessenzielle Patente (SEP) sind Patente, die Technologien schützen, die als wesentlich für die Umsetzung einer technischen Norm erklärt wurden, die von einer Organisation zur Entwicklung von Normen (SDO) angenommen wurde. Solche Standards beziehen sich zum Beispiel auf Konnektivität (z. B. 5G, Wi-Fi, Bluetooth, NFC) oder Audio-/Videokomprimierungs- und -dekomprimierungsstandards.
Um ein standardkonformes Produkt herzustellen, ist ein Implementierer verpflichtet, die entsprechenden "wesentlichen" Patente zu nutzen. Das durch diese spezifischen Patente gewährte Monopol wird durch die Verpflichtung der SEP-Inhaber ausgeglichen, diese Patente zu fairen, angemessenen und diskriminierungsfreien Bedingungen (FRAND) zu lizenzieren, um den Implementierern den Zugang zum Markt zu ermöglichen.
Nach Ansicht der Europäischen Kommission leidet das derzeitige System seit vielen Jahren unter einem Mangel an Transparenz, Vorhersehbarkeit und langwierigen Streitigkeiten und Rechtsstreitigkeiten, wie es die Europäische Kommission erstmals in der Mitteilung von 2017 über standardessentielle Patente festgestellt hat.
Die Anwendbarkeit von SEPs (insbesondere für Konnektivitätsnormen) wird mit dem Aufkommen des "Internets der Dinge" (IoT) zunehmen. Daher ist ein gut funktionierendes System, das den Zugang zu Technologien erleichtert und gleichzeitig Innovationen belohnt, für die technologische Souveränität der EU von entscheidender Bedeutung.
Mit dem vorgeschlagenen SEP-Lizenzierungsrahmen soll ein ausgewogenes System geschaffen werden, das einen weltweiten Maßstab für die Transparenz von SEP, die Verringerung von Konflikten und effiziente Verhandlungen setzt. Er hat die folgenden zwei Hauptziele:
- sicherzustellen, dass sowohl die Inhaber als auch die Umsetzer von SEP in der EU innovativ sind, Produkte in der EU herstellen und verkaufen und auf den globalen Märkten wettbewerbsfähig sind.
- sicherzustellen, dass Endnutzer, einschließlich KMU und Verbraucher, von Produkten, die auf den neuesten standardisierten Technologien basieren, zu fairen und angemessenen Preisen profitieren.
Zwangslizenzierung
Die Zwangslizenzierung von Patenten ermöglicht es einer Regierung, die Nutzung einer patentierten Erfindung ohne die Zustimmung des Patentinhabers zu genehmigen. Freiwillige Lizenzvereinbarungen mit den Herstellern sind in der Regel das bevorzugte Instrument, um die Produktion hochzufahren. Sollten jedoch freiwillige Vereinbarungen nicht verfügbar oder nicht angemessen sein, können Zwangslizenzen als letztes Mittel in Krisenzeiten den Zugang zu wichtigen krisenrelevanten Produkten und Technologien ermöglichen. Derzeit gebe es einen Flickenteppich von 27 nationalen Zwangslizenzregelungen, obwohl viele Wertschöpfungsketten EU-weit tätig seien. Dies könne sowohl für die Rechteinhaber als auch für die Nutzer von Rechten des geistigen Eigentums eine Quelle der Rechtsunsicherheit sein.
Die neuen Vorschriften sehen daher ein neues EU-weites Zwangslizenzierungsinstrument vor, das die EU-Kriseninstrumente wie das Binnenmarkt-Sofortprogramm, die HERA-Verordnungen und die Chip-Verordnung ergänzen würde. Nach der COVID-19-Krise stärken diese neuen Regeln, so die Europäische Kommission, die Krisenfestigkeit der EU, indem sie den Zugang zu wichtigen patentierten Produkten und Technologien in Krisenzeiten sicherstellen, falls freiwillige Vereinbarungen nicht verfügbar oder nicht angemessen sind.
Ergänzende Schutzzertifikate
Ein ergänzendes Schutzzertifikat (SPC) ist ein Recht des geistigen Eigentums, das die Laufzeit eines Patents (um bis zu fünf Jahre) für ein Human- oder Tierarzneimittel oder ein Pflanzenschutzmittel, das von den Regulierungsbehörden zugelassen wurde, verlängert. Es soll Innovationen fördern und Wachstum und Beschäftigung in diesen Sektoren begünstigen. Der SPC-Schutz ist zur Zeit jedoch nur auf nationaler Ebene möglich. Daher ist das derzeitige System zersplittert, was zu komplexen und kostspieligen Verfahren sowie zu Rechtsunsicherheit führt.
Mit dieser Initiative wird ein einheitliches SPC eingeführt, dass das Einheitspatent ergänzt. Mit der SPC-Reform wird auch ein zentralisiertes Prüfungsverfahren eingeführt, das vom EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum) in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Ämtern für geistiges Eigentum der EU durchgeführt werden soll. Im Rahmen dieser Regelung werde ein einziger Antrag einem einzigen Prüfungsverfahren unterzogen, das im Falle eines positiven Ergebnisses zur Erteilung nationaler Schutzrechte für jeden der im Antrag genannten Mitgliedstaaten führt. Das gleiche Verfahren kann dann auch zur Erteilung eines einheitlichen Schutzrechts führen.
2023 EU-KMU-Fonds
Um die Innovation weiter zu unterstützen, wird der KMU-Fonds (web-site: KMU-Fonds 2023 (europa.eu) parallel zu den heutigen Vorschlägen zukümftig auch neue Dienstleistungen in Form von Gutscheinen zur Verfügung stellen, die erstmals europäische Patente und neue Pflanzensorten betreffen. Mit diesen neuen Dienstleistungen können KMU bis zu 1.500 Euro bei der Patentanmeldung und 225 Euro bei der Anmeldung neuer Pflanzensorten pro Antrag sparen.