Ungarische EU-Ratspräsidentschaft
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Ungarn hat zum 01. Januar 2011 die Ratspräsidentschaft in der Europäischen Union übernommen
Einleitung
Die Ratspräsidentschaft von Ungarn hat mit viel Kritik an dem ungarischen Mediengesetz begonnen, das nach Ansicht der Europäischen Kommission und vieler anderer EU-Mitgliedstaaten gegen die Presse- und Meinungsfreiheit und damit gegen die EU-Grundrechte-Charta verstößt. Der ungarische Ministerpräsident, Viktor Orban, hat bei der traditionellen Vorstellung der Ratspräsidentschaft seines Landes vor dem Europäischen Parlament am 19. Januar 2011 Bereitschaft signalisiert, das Gesetz zu ändern, wenn die Europäische Kommission Verstöße gegen geltendes EU-Recht nachweisen würde.
Das politische Programm Ungarns: Menschlicher Faktor im Vordergrund
Die Grundidee der ungarischen Ratspräsidentschaft ist ein starkes Europa, in dessen Mittelpunkt der Mensch steht. Ziel ist daher, dass die Tätigkeiten und Arbeiten der EU-Organe und -Politiker in den kommenden sechs Monaten zu spürbaren Vorteilen für die Menschen führen sollen. Diese Intention gruppiert sich um vier Themenblöcke:
1. Wachstum und Beschäftigung zur Bewahrung des europäischen Sozialmodells
Nach ungarischer Überzeugung liegt der Schlüssel des Erfolgs in diesem Punkt in einer zukunftsorientierten Wachstumsstrategie für die EU. Daher möchte die ungarische Regierung die Lage der kleinen und mittleren Unternehmen verbessern, da sie als Motor für die Schaffung von Arbeitsplätzen gelten. Im Rahmen der Plattform gegen Armut und soziale Ausgrenzung will Ungarn ein Schwergewicht auf den Abbau der Kinderarmut setzen und "markante Schritte" für die Integration der Roma unternehmen. Zum Thema Kinderarmut führte die ungarische Staatsministerin für Europaangelegenheiten, Eniko Györi, aus, diese Aufgabe dürfe nicht mit dem Europäischen Jahr des Kampfes gegen Armut und Ausgrenzung (2010) beendet werden, sondern erfordere ein langfristiges Engagement; sie fügte hinzu, Kinderarmut in der am höchsten entwickelten Region der Welt, sei ein inakzeptabler Zustand.
Im Zusammenhang mit der Diskussion um einen dauerhaften Rettungsmechanismus für finanziell in Schwierigkeiten geratene Mitgliedstaaten sagte Frau Györi, dass Ungarn das Instrument der Euro-Anleihen unterstütze, doch müssten zuvor die Mitgliedstaaten ihre Haushalte koordinieren und konsolidieren.
2. Stärkeres Europa
Unter dieser Überschrift will die ungarische Regierung die drei Grundelemente Nahrungsmittel, Energie und Wasser, die die Zukunft der kommenden Generationen bestimmen wird, in den entsprechenden Fachpolitiken in den Mittelpunkt stellen und stärken. Daher hat sie sich zum Ziel gesetzt, die Gemeinsame Agrarpolitik zu überprüfen, eine gemeinsame Energiepolitik zu schaffen sowie eine europäische Wasserpolitik auszugestalten. Ein weiterer Schwerpunkt soll die Verabschiedung der Donaustrategie sein, die nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission das Wirtschaftspotential der beteiligten 14 Länder (mit insgesamt 114 Millionen Einwohnern) entwickeln und die Umweltbedingungen in der Region verbessern soll.
3. Bürgernähe
Ungarn will während seiner Ratspräsidentschaft Fragen behandeln, die die BürgerInnen unmittelbar im Alltag berühren; im Zentrum seiner Bemühungen wird die Verdeutlichung der kulturellen Vielfalt der 27 EU-Mitgliedstaaten als einen zu schützenden europäischen Wert stehen; ferner will Ungarn das sog. Stockholmer Programm weiter umsetzen (u.a. Schutz gegen illegale Einwanderung und organisiertes Verbrechen, Rechtshilfe bei Strafverfahren, besserer Katastrophenschutz) und die Ausweitung des sog. Schengen-Raums (Mitglieder sind EU-Staaten, die, nach Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, Grenzkontrollen abgeschafft haben) um Rumänien und Bulgarien voranbringen. Da zu diesem Punkt Einstimmigkeit der EU-Ratsmitglieder notwendig ist, aber einige Länder Vorbehalte gegen die Aufnahme der beiden Staaten erhoben haben, will Ungarn an einem akzeptablen Kompromiss arbeiten.
4. Erweiterung und Nachbarschaftspolitik
Zum Thema Erweiterung hat sich die ungarische Ratspräsidentschaft als Ziel gesetzt, die Beitrittsverhandlungen mit Kroatien im 1.Halbjahr zum Abschluss zu bringen und für die Staaten des Westbalkans eine Beitrittsperspektive offen zu halten. Im Rahmen der sog. Europäischen Nachbarschaftspolitik will Ungarn die östliche und die Mittelmeer-Partnerschaft voranbringen.
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