Ratspräsidentschaft der Tschechischen Republik 2022
Europa |
„Europa als Aufgabe“
Am 1. Juli 2022 hat die Tschechische Republik die rotierende Ratspräsidentschaft im Ministerrat der Europäischen Union übernommen. Innerhalb der aktuellen Triopräsidentschaft, die traditionell besteht, um die Kontinuität einzelner Kernthemen gewährleisten zu können, folgt Tschechien auf die Ratspräsidentschaft Frankreichs. Das Motto der tschechischen Ratspräsidentschaft „Europa als Aufgabe“ bezieht sich auf eine Rede des ehemaligen tschechischen Präsidenten Václav Havel, der in einer Rede 1996 die Europäer/-innen dazu aufforderte mehr Verantwortung hinsichtlich ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Herausforderungen zu übernehmen. Havel sprach sich für eine Führungsrolle Europas aus, in welcher Europa andere durch sein positives Handeln inspiriert. Die Ratspräsidentschaft soll demnach als Aufforderung verstanden werden, Verantwortung zu übernehmen.
Prioritäten der tschechischen Ratspräsidentschaft
1. Bewältigung der Flüchtlingskrise und der Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg
Durch den Krieg in der an das EU-Gebiet angrenzenden Ukraine steht nach wie vor die Bewältigung der Flüchtlingskrise und der Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg im Vordergrund. Hierbei spricht sich die Ratspräsidentschaft vor allem für einen koordinierten Einsatz der Hilfe aus. Neben der Gesundheitsversorgung ist besonders die Hilfe im zivilen Sektor für den tschechischen Vorsitz zentral, vor allem der Schutz von Kindern sowie deren Zugang zu Bildung. Damit es für geflüchtete Frauen einfacher wird zu arbeiten, fordert die Ratspräsidentschaft zusätzlich eine ausreichende Gewährleistung der Betreuung von Kindern im Vorschulalter. Darüber hinaus setzt sich die Ratspräsidentschaft für den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg ein, indem sie sich vor allem auf den Wiederaufbau von kritischer Infrastruktur konzentriert.
2. Sicherheit der Energieversorgung
Außerdem ist die Gewährleistung der Energieversorgung eine zentrale Priorität der Ratspräsidentschaft, gerade in Hinblick auf den kommenden Winter und jene EU-Staaten, die eine starke Abhängigkeit von russischen Energieimporten vorweisen. Die Verringerung dieser Abhängigkeit von russischen Energieimporten wird daher als absolute Priorität betrachtet. Außerdem setzt sich die tschechische Präsidentschaft für die Diversifizierung von Energieressourcen ein, sowie für den Ausbau von emissionsarmen Energiequellen, um künftig Abhängigkeiten vermeiden zu können. Zusätzlich spricht sich die Präsidentschaft für das Füllen der Gasspeicher im Sommer aus und erwägt zusätzlich sogenannte „freiwillige gemeinsame Käufe“ von Gas zu etablieren (wie bei der gemeinsamen Impfstoffbeschaffung).
3. Stärkung der Verteidigungsfähigkeiten Europas und der Sicherheit im Cyberspace
Als Folge des Krieges in der Ukraine, stellt zusätzlich die Stärkung der Verteidigungsfähigkeiten Europas eine Priorität dar, sowie die Stärkung der Sicherheit im Cyberspace. Die Präsidentschaft spricht sich dabei für einen eng mit der NATO abgestimmten Kurs aus. Um die gewünschte Stärkung der Verteidigungsfähigkeiten zu verwirklichen, sieht die Präsidentschaft eine transnationale Kooperation im Bereich der strategischen Militärsysteme als zentral an. Darüber hinaus soll der Kampf gegen die Verbreitung von Desinformationen ausgeweitet werden, um so Sicherheit im Cyberspace zu schaffen.
4. Strategische Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft
Um dieses Ziel zu erreichen ist es laut tschechischer Präsidentschaft notwendig, die europäische (wirtschaftliche) Abhängigkeit von undemokratischen Staaten (wie Russland und China) zu verringern. Deshalb setzt die Präsidentschaft auf eine Ausweitung des freien Handels mit anderen internationalen demokratischen Partnern und möchte in der Zeit der Ratspräsidentschaft auch das Aushandeln von weiteren Handelsabkommen vorantreiben. So sollen Lieferketten von europäischen Firmen sichergestellt (vor allem von IT-Unternehmen) und Abhängigkeiten vermieden werden. Zudem will sich die tschechische Präsidentschaft zunehmend bemühen, die Digitalisierung in wichtigen Wirtschaftszweigen in der EU zu fördern, um so für die Zukunft gut aufgestellt zu sein.
5. Widerstandsfähigkeit demokratischer Institutionen
Zuletzt stellt die Gewährleistung der Widerstandsfähigkeit demokratischer Institutionen eine Priorität dar, denn für die tschechische Ratspräsidentschaft erscheinen im Kontext des russischen Krieges in der Ukraine demokratische, rechtstaatliche Werte und die Stärkung von Freiheiten als Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft. Zusätzlich setzt sich die Präsidentschaft im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend 2022 für einen verbesserten Austausch mit jungen Menschen ein, um deren Teilnahme und Mitwirkung an der europäischen Politik zu fördern.
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