Europäische Kommission stellt Arbeitsprogramm für 2023 vor – Stärkung der Widerstandsfähigkeit der EU und Unterstützung von Unternehmen und Menschen
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Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat am 18. Oktober 2022 im Europäischen Parlament das Arbeitsprogramm für 2023 vorgestellt; im Mittelpunkt stehen vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine und der Energiekrise Maßnahmen zur Erhöhung der Widerstandskraft der EU und die Unterstützung von Unternehmen und Bürger/innen. Unter Verweis auf die Invasion Russlands in der Ukraine und die vielen zu bewältigenden Krisen sagte von der Leyen: „Im Jahr 2023 werden wir eine ehrgeizige Agenda für die Bürgerinnen und Bürger umsetzen. Wir werden gegen die hohen Energiepreise vorgehen, um die Belastungen für Familien und Unternehmen in ganz Europa zu verringern, und gleichzeitig unseren grünen Wandel beschleunigen. Wir werden in der EU und in der ganzen Welt die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit verteidigen.“
Das Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission umfasst 43 neue politische Initiativen zu allen sechs Politischen Leitlinien, die von der Leyen für die fünfjährige Amtszeit der Europäischen Kommission ausgegeben hatte und baut auf der Rede zur Lage der EU am 14.09.2022 und auf einige der Vorschläge aus der Konferenz zur Zukunft Europas auf.
Umsetzung der sechs übergreifenden Ziele:
1. Europäischer Grüner Deal
Anfang 2023 will die Europäische Kommission u.a. eine umfassende Reform des EU-Strommarkts vorschlagen, die auch ein Entkoppeln der Strom- und der Gaspreise einschließen wird. Um den raschen Ausbau der grünen Wasserstoffwirtschaft zu unterstützen, wird die Kommission die Gründung einer neuen Europäischen Wasserstoffbank vorschlagen, die 3 Mrd. Euro in Maßnahmen zur Ankurbelung eines Wasserstoffmarkts in der EU investieren soll. Weitere Themen sollen die Reduzierung von Abfällen und deren Auswirkungen auf die Umwelt und eine Überarbeitung der EU-Tierschutzvorschriften sein.
2. Ein Europa für das digitale Zeitalter
Die Kommission will EU-Maßnahmen vorschlagen, die als Basis für die digitale und wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit Europas einen angemessenen und diversifizierten Zugang zu kritischen Rohstoffen sichern sollen. Zum 30-jährigen Bestehens des EU-Binnenmarktes sollen noch einmal dessen großen Vorteile herausgestellt, dabei aber auch bestehende Umsetzungslücken aufgezeigt und angegangen werden. So soll z.B. der Verwaltungsaufwand der KMU durch eine Überarbeitung der Zahlungsverzugsvorschriften verringert werden. Weitere Themen:
- Unterstützung von Unternehmen durch digitale Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht für vereinfachte Verwaltungs- und Gerichtsverfahren
- Ein Vorschlag für einen gemeinsamen europäischen Mobilitätsdatenraum und ein EU-Rechtsrahmen für Hyperloop (Hochgeschwindigkeitsverkehrssystem) als Vorbereitung auf neue Mobilitätslösungen.
3. Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen
Die Europäische Kommission weist zu diesem Punkt darauf hin, dass hier Beiträge der Konferenz zur Zukunft Europas einfließen werden. Die Kommission will u.a. die wirtschaftspolitische Steuerung überprüfen. Zur Stärkung des Haushalts der Union wird es eine Halbzeitüberprüfung des EU-Haushalts für 2021-2027 geben und einen Vorschlag für einen zweiten Korb neuer Eigenmittel (aufbauend auf dem Vorschlag für ein einheitliches Regelwerk für die Unternehmensbesteuerung in Europa). Weitere Themen:
- Ein Vorschlag mit Grundsätzen für den digitalen Euro
- eine Aktualisierung des Qualitätsrahmens für Praktika – mit Blick auf eine gerechte Entlohnung,
- Zugang zu sozialem Schutz und eine gestärkte soziale Resilienz Europas.
4. Ein stärkeres Europa in der Welt
Die „grausame Realität des Krieges“ mache die Notwendigkeit deutlich, die Anstrengungen der EU im Bereich Sicherheit und Verteidigung zu verstärken. Dazu gehöre die Vorstellung einer Weltraumstrategie der EU für Sicherheit und Verteidigung und einer neuen EU-Strategie für maritime Sicherheit; vorgesehen sei auch eine Ergänzung des bisher bestehenden Sanktionsinstrumentariums um das Thema Korruption. Die Beziehungen zu Lateinamerika und der Karibik sollen neue Impulse erhalten und die Zusammenarbeit mit den Bewerberländern des westlichen Balkans sowie mit der Ukraine, Moldau und Georgien im Hinblick auf ihren künftigen Beitritt zur Union sollen fortgesetzt werden.
5. Förderung unserer europäischen Lebensweise
Die Europäische Kommission stellt u.a. fest, dass bisher nur 15 Prozent aller jungen Menschen ein Studium, eine Ausbildung oder ein Praktikum in einem anderen EU-Land absolviert hätten. Eine Aktualisierung des EU-Rahmens für die Lernmobilität solle daher den Wechsel zwischen den Bildungssystemen erleichtern. Das Jahr 2023 soll nach Vorschlag der Kommissionspräsidentin das Europäische Jahr der Aus- und Weiterbildung werden. Dazu passend seien Vorschläge geplant, wie durch die Anerkennung der Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen hochqualifizierte Fachkräfte für die EU gewonnen werden können. Außerdem soll eine Initiative für eine neue Akademie für Cybersicherheitskompetenzen diese strategisch sehr wichtige Kompetenz stärken. Im Hinblick auf einen widerstandsfähigen und sicheren Schengen-Raum ohne Grenzen sollen Rechtsvorschriften über die Digitalisierung von EU-Reisedokumenten und die Erleichterung von Reisen vorgeschlagen werden.
Eine zentrale Initiative der Konferenz zur Zukunft Europas betraf die Europäische Gesundheitsunion. Ein umfassender Ansatz zum Thema geistige Gesundheit soll sie weiterentwickeln. Dazu soll eine überarbeitete Empfehlung zu rauchfreien Umgebungen und eine neue Empfehlung zu Krebsarten, die sich durch Impfung verhüten lassen, kommen
6. Neuer Schwung für die Demokratie in Europa
Die Europäische Kommission macht deutlich, dass die Demokratie das Fundament der Union ist; im Jahr 2023 will sie ein Paket zur Verteidigung der Demokratie vorlegen, das auch eine Initiative zum Schutz des demokratischen Raums der EU vor externen Interessen umfassen soll. Weitere Pläne:
- Ein EU-Behindertenausweis, der die gegenseitige Anerkennung des Behindertenstatus in allen Mitgliedstaaten sicherstellt;
- Lücken schließen beim Rechtsschutz gegen Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft;
- Weitere Möglichkeiten nutzen, um den Verwaltungsaufwand zu vereinfachen, zu verringern und nachhaltiger zu gestalten - im Einklang mit den Grundsätzen für eine bessere Rechtsetzung. Dabei soll eine hochrangige Gruppe von Interessenvertretern eingebunden werden.
Hintergrund:
Die Europäische Kommission legt jedes Jahr ein Arbeitsprogramm vor, in dem sie die politischen Prioritäten für die nächsten 12 Monate vorstellt und darlegt, welche Maßnahmen zur Umsetzung der Pläne und Ziele als notwendig erachtet werden. Dabei betont die Europäische Kommission, dass das Arbeitsprogramm als Ergebnis einer engen Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament, den beratenden Institutionen der EU (Ausschuss der Regionen, Wirtschafts- und Sozialausschuss) und der EU-Mitgliedstaaten entstanden sei.
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