Gleicher Lohn für gleiche Arbeit: Europäische Kommission will mehr Transparenz bei Einkommen von Männern und Frauen
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Am 04. März 2021 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag vorgelegt, der künftig sicherstellen soll, dass Frauen und Männer in der EU gleiches Entgelt bei gleicher Arbeit erhalten; der Vorschlag umfasst daher Maßnahmen zur Lohntransparenz, u.a. Angaben zum Entgelt für Arbeitssuchende, das Recht auf Informationen über das Einkommen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die gleiche Arbeit verrichten sowie Berichterstattungspflichten im Hinblick auf geschlechtsspezifisches Lohngefälle für große Unternehmen.
Zur Durchsetzung der Rechte stärkt der Vorschlag auch die Instrumente, mit denen Arbeitnehmer/innen ihre Rechte geltend machen können und erleichtert den Zugang zur Justiz für Betroffene. Arbeitgebern soll es nicht mehr gestattet sein, Arbeitssuchende nach ihrer früheren Vergütung zu fragen und sie müssen auf Anfrage der Arbeitnehmer/innen entgeltbezogene anonymisierte Daten zur Verfügung stellen. Zudem sollen Arbeitnehmer/innen einen Anspruch auf Entschädigung für Lohndiskriminierung erhalten. Die Europäische Kommission betont, dass dieser Vorschlag auch vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie zu sehen ist, die die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern verstärkt und damit Frauen einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt habe.
Lohntransparenz und bessere Durchsetzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts
Der Legislativvorschlag konzentriert sich auf zwei Kernelemente der Entgeltgleichheit:
- Maßnahmen zur Gewährleistung von Lohntransparenz für Arbeitnehmer/innen und Arbeitgeber
- Einen besseren Zugang zur Justiz für Opfer von Lohndiskriminierung.
Maßnahmen für Lohntransparenz:
- Lohntransparenz für Arbeitsuchende – Arbeitgeber müssen in der Stellenausschreibung oder vor dem Vorstellungsgespräch Informationen über das Einstiegsentgelt oder dessen Spanne bereitstellen. Arbeitgebern soll es nicht mehr gestattet sein, künftige Arbeitnehmer/innen nach ihrer früheren Vergütung zu fragen.
- Auskunftsrecht für Arbeitnehmer/innen– Arbeitnehmer/innen werden das Recht haben, von ihrem Arbeitgeber Auskunft über ihr individuelles Einkommen und über die durchschnittlichen Einkommen zu verlangen – aufgeschlüsselt nach Geschlecht und für Gruppen von Arbeitnehmer/innen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten.
- Berichterstattung über das geschlechtsspezifische Lohngefälle – Arbeitgeber mit mindestens 250 Beschäftigten müssen Informationen über das Lohngefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in ihrer Organisation veröffentlichen. Für interne Zwecke sollen sie zudem Informationen über das Lohngefälle zwischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nach Gruppen von Arbeitnehmer/innen, die die gleiche oder gleichwertige Arbeit verrichten, bereitstellen.
- Gemeinsame Entgeltbewertung – Ergibt die Entgeltberichterstattung ein geschlechtsspezifisches Lohngefälle von mindestens 5 % und kann der Arbeitgeber das Gefälle nicht anhand objektiver geschlechtsneutraler Faktoren rechtfertigen, muss er in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertreter/innen eine Entgeltbewertung vornehmen.
Besserer Zugang zur Justiz für Opfer von Lohndiskriminierung:
- Entschädigung für Arbeitnehmer/innen – Arbeitnehmer/innen, die geschlechtsspezifischer Lohndiskriminierung ausgesetzt sind, können eine Entschädigung erhalten, einschließlich der vollständigen Nachzahlung des Entgelts und der damit verbundenen Boni oder Sachleistungen.
- Beweislast aufseiten des Arbeitgebers – Grundsätzlich obliegt es dem Arbeitgeber und nicht dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin, nachzuweisen, dass es keine Diskriminierung in Bezug auf das Entgelt gegeben hat.
- Sanktionen einschließlich Geldstrafen – Die Mitgliedstaaten sollten spezifische Sanktionen für Verstöße gegen den Grundsatz des gleichen Entgelts (auch Mindestgeldstrafen) festlegen.
- Gleichbehandlungsstellen und Arbeitnehmervertreter/innen können im Namen von Arbeitnehmer/innen in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren tätig werden und bei Sammelklagen auf gleiches Entgelt federführend sein.
Die Europäische Kommission macht ausdrücklich deutlich, dass ihr Vorschlag der derzeitigen schwierigen Lage der Arbeitgeber, insbesondere im privaten Sektor Rechnung trage. Er wahrt die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, wobei gleichzeitig Flexibilität für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gewährt werde und die Mitgliedstaaten ermutigt würden, verfügbare Ressourcen für die Datenübermittlung zu nutzen. Die jährlichen Kosten für die Entgeltberichterstattung für Arbeitgeber werden auf 379 bis 890 Euro für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten geschätzt.
Hintergrund:
Das Recht von Frauen und Männern auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit stellt seit den Römischen Verträgen aus dem Jahr 1957 ein Grundprinzip der Europäischen Union dar. Die Verpflichtung zur Gewährleistung des gleichen Entgelts ist in Artikel 157 AEUV und in der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen festgelegt.
Im März 2014 hat die Europäische Kommission eine Empfehlung zur Stärkung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen durch Transparenz angenommen. Trotzdem stelle die wirksame Umsetzung und Durchsetzung dieses Grundsatzes in der Praxis nach wie vor eine große Herausforderung in der Europäischen Union dar.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte verbindliche Maßnahmen zur Lohntransparenz als eine ihrer politischen Prioritäten für die derzeitige Kommission angekündigt. Diese Zusage wurde in der Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020-2025 bekräftigt, und die Kommission lege heute einen Vorschlag zur Erreichung von Lohngerechtigkeit vor.
Zitat:
Die für Gleichheitspolitik zuständige EU-Kommissarin Helena Dalli erklärte: „Der Vorschlag zur Lohntransparenz ist ein wichtiger Schritt zur Durchsetzung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Frauen und Männer bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit. Er wird die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Lage versetzen, ihr Recht auf gleiches Entgelt durchzusetzen, und geschlechtsspezifischen Verzerrungen beim Entgelt ein Ende setzen. Zudem wird er die Sichtbarmachung, Anerkennung und Behandlung eines Problems ermöglichen, das wir seit der Annahme der Römischen Verträge im Jahr 1957 beseitigen wollten. Frauen verdienen gebührende Anerkennung, Gleichbehandlung und Wertschätzung ihrer Arbeit, und die Kommission ist entschlossen, dafür zu sorgen, dass dies am Arbeitsplatz der Fall ist.“
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