Wirtschaftsprognose Sommer 2020: noch tiefere und uneinheitlichere Rezession erwartet
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Die Corona-Pandemie trifft Europas Beschäftigte und Unternehmen härter als erwartet. Nach der heute vorgestellten Sommerprognose der EU-Kommission schrumpft die Wirtschaft im Euro-Raum in diesem Jahr um 8,7 Prozent und legt 2021 um 6,1 Prozent zu. Die Wirtschaftsleistung in der EU insgesamt dürfte 2020 um 8,3 Prozent sinken und im kommenden Jahr um 5,8 Prozent wachsen. In ihrer Frühjahrsprognose hatte die Kommission für dieses Jahr noch einen Rückgang von 7,7 Prozent für das Euro-Währungsgebiet und einen Abschwung von 7,4 Prozent für die EU insgesamt erwartet. Für Deutschland geht die EU-Kommission in diesem Jahr von einem Rückgang der Wirtschaftskraft um 6,3 Prozent aus, im kommenden Jahr soll die Wirtschaft wieder um 5,3 Prozent wachsen. Ein „ambitioniertes Konjunkturpaket“ habe in Deutschland einen stärkeren Abschwung verhindert, lobte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni.
Valdis Dombrovskis, Exekutiv-Vizepräsident für eine Wirtschaft im Dienste der Menschen, erklärte: „Die wirtschaftlichen Folgen der Ausgangsbeschränkungen sind schwerwiegender als ursprünglich erwartet. Die bestehenden Gefahren, zu denen beispielsweise eine zweite Infektionswelle zählt, verhindern weiterhin, dass wir in friedlichen Gewässern segeln können.“ Die vorgelegte Prognose zeige überdeutlich, weshalb Europa eine Einigung über unser ehrgeiziges Aufbaupaket "NextGenerationEU" brauche, um die Wirtschaft zu stützen. Mit Blick auf dieses Jahr und das nächste sei zwar mit einer Erholung zu rechnen, doch sei angesichts der uneinheitlichen Geschwindigkeit des Aufschwungs Wachsamkeit geboten. „Wir müssen weiterhin Arbeitnehmer und Unternehmen schützen und unsere Politik auf EU-Ebene eng koordinieren, damit wir gestärkt und geeint aus dieser Krise hervorgehen.“
Zwar hätten politische Maßnahmen in ganz Europa dazu beigetragen, die Folgen für die Bürgerinnen und Bürger abzumildern, dennoch hätten sich die Ungleichheiten und die Unsicherheit durch die Krise weiter verstärkt. Deshalb sei es so wichtig, eine rasche Einigung über den von der Kommission vorgeschlagenen Aufbauplan zu erzielen. „Wir müssen das Vertrauen in unsere Volkswirtschaften in dieser kritischen Zeit stärken und Finanzmittel verfügbar machen.“
Die wirtschaftliche Erholung dürfte sich in der zweiten Jahreshälfte 2020 verstärken. Erste Daten für Mai und Juni deuten jedoch darauf hin, dass das Schlimmste überstanden sein könnte. Es wird erwartet, dass die Erholung in der zweiten Jahreshälfte an Schwung gewinnt, aber unvollständig bleibt, und dass sich die Lage in den Mitgliedstaaten uneinheitlich darstellt. Der Schock für die EU-Wirtschaft ist insofern symmetrisch, als die Pandemie alle Mitgliedstaaten getroffen hat. Jedoch dürften – sowohl im Hinblick auf den Produktionsrückgang 2020 als auch auf die Erholung 2021 – große Unterschiede zutage treten. Diese Uneinheitlichkeit wird der Sommerprognose zufolge stärker ausgeprägt sein als noch im Frühjahr erwartet.
Inflationsaussichten unverändert
Die Inflationsaussichten sind seit der Frühjahrsprognose trotz bedeutender Veränderungen bei den für die Preisentwicklung maßgeblichen Kräften im Wesentlichen gleichgeblieben. Zwar sind die Öl- und Lebensmittelpreise stärker gestiegen als erwartet, doch dürfte dieser Anstieg durch die schwächeren wirtschaftlichen Aussichten, Mehrwertsteuersenkungen und andere Maßnahmen in einigen Mitgliedstaaten ausgeglichen werden. Die Inflation im Euro-Währungsgebiet wird, gemessen am harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), nun auf 0,3 Prozent im Jahr 2020 und 1,1 Prozent im Jahr 2021 geschätzt. Für die EU wird eine Inflation von 0,6 Prozent im Jahr 2020 und 1,3 Prozent im Jahr 2021 prognostiziert.
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