Erklärung der Staats- und Regierungschefs von Sibiu "Vereint durch dick und dünn"
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Wie lange angekündigt und von der Europäischen Kommission durch die Veröffentlichung einer strategischen Agenda für die Jahre 2019 bis 2024 vorbereitet, fand am 09. Mai 2019, dem jährlichen Europatag, das Treffen der Staats- und Regierungschefs im rumänischen Sibiu statt. Präsident Juncker hatte das Treffen in seiner Rede zur Lage der Union 2017 vorgeschlagen, um die Ziele und Schwerpunkte der EU nach dem Austritt Großbritanniens festzulegen und die EU-Mitgliedstaaten auf ein neues Bekenntnis zur Europäischen Einigung einzuschwören. Als Ergebnis verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs die Erklärung von Sibiu, in der sich die EU-Mitgliedstaaten versprechen, zusammenzuhalten und gemeinsam durch "dick und dünn" zu gehen. Die Erklärung lautet im Einzelnen:
"Wir, die Führungsspitzen der Europäischen Union, sind in Sibiu zusammengekommen, um unsere gemeinsame Zukunft zu erörtern und zu planen.In einigen Wochen werden die europäischen Bürgerinnen und Bürger ihre Abgeordneten für das Europäische Parlament wählen – vierzig Jahre, nachdem sie erstmals von diesem grundlegenden Recht Gebrauch gemacht haben. Ein in Frieden und Demokratie wiedervereinigtes Europa ist nur eine von vielen Errungenschaften. Seit ihrer Gründung hat die Europäische Union – mit ihren Werten und Freiheiten als Triebkraft – innerhalb ihrer Grenzen und darüber hinaus europaweit für Stabilität und Wohlstand gesorgt. Im Laufe der Jahre ist sie zu einem Hauptakteur auf dem internationalen Parkett geworden. Mit rund einer halben Milliarde Bürgerinnen und Bürgern und mit einem wettbewerbsfähigen Binnenmarkt ist sie im weltweiten Handel führend und gestaltet sie globale Politik.
Wir bekräftigen unsere Auffassung, dass wir in dieser immer unbeständigeren und schwierigeren Welt geeint stärker sind. Wir sind uns bewusst, dass wir als Führungsspitzen dafür verantwortlich sind, unsere Union zu stärken und unsere Zukunft strahlender zu gestalten, wobei wir die europäische Perspektive anderer europäischer Staaten anerkennen. Daher einigen wir uns heute einstimmig auf zehn Verpflichtungen, die uns dabei helfen werden, dieser Verantwortung gerecht zu werden:
- Wir werden für ein Europa – von Ost nach West und von Nord nach Süd – einstehen. Vor dreißig Jahren haben Millionen Menschen für ihre Freiheit und für die Einheit gekämpft und den Eisernen Vorhang, der Europa für Jahrzehnte geteilt hatte, niedergerissen. Es gibt keinen Platz für Spaltungen, die gegen unser kollektives Interesse wirken.
- Wir werden vereint durch dick und dünn gehen. Wir werden uns in Notzeiten untereinander solidarisch zeigen und wir werden stets zusammenhalten. Wir können und wir werden mit einer Stimme sprechen.
- Wir werden immer nach gemeinsamen Lösungen suchen und dabei einander im Geiste von Verständnis und Respekt zuhören.
- Wir werden unseren Lebensstil, die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit weiterhin schützen. Die unveräußerlichen Rechte und die Grundfreiheiten aller Europäerinnen und Europäer sind mühsam erkämpft worden und werden niemals als selbstverständlich gelten. Wir werden unsere in den Verträgen verankerten gemeinsamen Werte und Grundsätze wahren.
- Wir werden dort für Ergebnisse sorgen, wo es am wichtigsten ist. Europa wird weiterhin in wichtigen Dingen sein Gewicht einbringen. Wir werden auch weiterhin die Sorgen und Hoffnungen aller Europäerinnen und Europäer anhören, die Union ihren Bürgerinnen und Bürgern näher bringen und wir werden dementsprechend ehrgeizig und entschlossen handeln.
- Wir werden dem Grundsatz der Gerechtigkeit stets Geltung verschaffen, sei es auf dem Arbeitsmarkt, bei der Wohlfahrt, in der Wirtschaft oder beim digitalen Wandel. Wir werden Ungleichheiten zwischen uns weiter abbauen und wir werden immer den Schwächsten in Europa helfen, wobei wir die Menschen über die Politik stellen.
- Wir werden uns die Mittel an die Hand geben, mit denen wir unsere ehrgeizigen Ziele verwirklichen können. Wir werden die Union mit den erforderlichen Mitteln ausstatten, damit sie ihre Ziele erreichen und ihre Politik durchführen kann.
- Wir werden den nächsten Generationen von Europäerinnen und Europäern die Zukunft sichern. Wir werden in junge Menschen investieren und eine zukunftsfeste Union aufbauen, die die drängendsten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts bewältigen kann.
- Wir werden unsere Bürgerinnen und Bürger schützen und ihre Sicherheit wahren, indem wir in unsere Soft Power und Hard Power investieren und mit unseren internationalen Partnern zusammenarbeiten.
- Europa wird seine globale Führungsrolle verantwortungsbewusst wahrnehmen. Die Herausforderungen, mit denen wir heute konfrontiert sind, betreffen uns alle. Wir werden auch künftig mit unseren Partnern in der Welt zusammenarbeiten, um die regelbasierte internationale Ordnung aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln, um neue Handelsmöglichkeiten optimal auszuschöpfen und globale Fragen wie die Bewahrung unserer Umwelt und die Bewältigung des Klimawandels gemeinsam anzugehen.
Die Entscheidungen, die wir treffen, werden sich von Geist und Buchstaben dieser zehn Verpflichtungen leiten lassen. Die Union von heute ist stärker als die Union von gestern, und wir möchten sie für morgen noch stärker machen. Dies ist unsere Verpflichtung gegenüber den künftigen Generationen. Dies ist der Geist von Sibiu und einer neuen Union der 27, die bereit ist, sich geeint der Zukunft zu stellen."
Kommissionspräsident Juncker sagte nach dem Treffen, es sei ein Testlauf für den EU-Gipfel am 20. Und 21. Jini 2019 in Brüssel gewesen und die demonstrierte Geschlossenheit sei keine Fassade gewesen, „es gab echte Einheit“. Auf dem kommenden Gipfel wollen die Staats- und Regierungschefs die in Sibiu begonnene Diskussion über die künftigen Schwerpunktthemen abschließen und eine „strategische Agenda“ für die folgenden fünf Jahre verabschieden.
Europatag wird seit 1985 jedes Jahr am 09. Mai gefeiert
Kommissionspräsident Juncker hat bewusst die Staats- und Regierungschefs für den 09. Mai 2019 nach Sibiu eingeladen, weil der 09. Mai der Jahrestag der sog. „Schuman-Erklärung“ ist. Denn am 09. Mai 1950 hielt der damalige französische Außenminister Robert Schumann in Paris eine wegweisende Rede, in der vorschlug, die Stahl- und Kohleproduktion der ehemaligen Kriegsgegner Frankreich und Deutschland und weiterer europäischer Ländern durch eine sog. Hohe Behörde kontrollieren zu lassen. Aus diesem Vorschlag entstand 1951 die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der sich noch die Benelux-Staaten Belgien, Luxemburg und die Niederlande sowie Italien anschlossen. Die EGKS war der Beginn der Gründung zweier weiterer europäischer Organisationen, der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft, die mit den EWG-Verträgen 1957 in Rom entstanden. Aus diesen entwickelte sich im Laufe der Jahrzehnte die Europäischen Gemeinschaften und die Europäische Union.
Quelle und weitere Informationen:
EU-Aktuell vom 09.05.2019
Eu-Aktuell vomvom 10.05.2019
EU-Nachrichten der Europäischen Kommission Deutschland Nr.09/2019 vom 16.09.2019
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