Europäischer Tag der Lohngleichheit: Deutschland fast Schlusslicht bei Lohngefälle zwischen Frauen und Männern
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Vom 3. November bis zum Ende des Jahres arbeiten Frauen in der Europäischen Union quasi umsonst. Denn der durchschnittliche Brutto-Stundenlohn von Frauen in Europa liegt 16,2 Prozent unter dem der Männer - damit arbeiten Frauen mehr als 16 Prozent des Jahres unentgeltlich. In Deutschland liegt das geschlechterspezifische Lohngefälle sogar bei 21,5 Prozent; das ist der dritthöchste Wert in der EU.
Die Gründe für das Lohngefälle sind vielfältig: So arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit, werden durch das Phänomen der "gläsernen Decke" gebremst, arbeiten eher in Niedriglohnsektoren und müssen häufig die Hauptverantwortung für die Betreuungspflichten in der Familie schultern. Eine Möglichkeit, diesen Faktoren entgegenzuwirken, ist die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Familien, die sich durch die Annahme des Vorschlags der Kommission für eine entsprechende Richtlinie erreichen ließe.
Anlässlich des diesjährigen Tages der Lohngleichheit (Equal Pay Day) erklärten EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans sowie die EU-Kommissarinnen Marianne Thyssen und Věra Jourová: "Die heute veröffentlichten neuen Zahlen zeigen deutlich, wie wichtig es ist, dass die von der Europäischen Kommission vorgelegten Rechtsvorschriften zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben rasch angenommen werden. Ein Drittel der Europäerinnen und Europäer konnte im vergangenen Jahr keinen Urlaub aus familiären Gründen nehmen, und nur 40 Prozent der Väter nahmen Elternurlaub oder planen dies. Dies ist weder fair noch nachhaltig."
Im Rahmen der europäischen Säule sozialer Rechte hat die Kommission Maßnahmen ergriffen, um erwerbstätige Eltern und pflegende Angehörige in die Lage zu versetzen, ihre berufliche Entwicklung voranzutreiben und gleichzeitig ihre Familien zu betreuen. Der Vorschlag der Kommission zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sieht vor, dass Väter anlässlich der Geburt eines Kindes Anspruch auf mindestens zehn Arbeitstage Vaterschaftsurlaub haben. Zudem wird ein Recht auf nicht übertragbaren bezahlten Elternurlaub vorgeschlagen, das sowohl für Männer als auch für Frauen gilt. Für Väter würde damit ein wesentlicher Anreiz gesetzt, diese Möglichkeit zu nutzen, sodass von Müttern nicht erwartet würde, ihre Karriere über einen langen Zeitraum zu unterbrechen, während die Männer rasch wieder ins Berufsleben zurückkehrten. Dadurch erhöhe sich letztendlich auch die Erwerbsbeteiligung der Frauen. Die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament und dem Rat dauern an, doch ist denkbar, dass vor Jahresende eine Einigung erreicht wird. Die Kommission fordert alle Parteien eindringlich auf, sich für einen ehrgeizigen Kompromiss einzusetzen.
Die jetzt veröffentlichten neuen Eurobarometer-Daten machen deutlich, wie wichtig es ist, die Rechtsvorschriften rasch auf den Weg zu bringen. Darüber hinaus hat die Kommission im vergangenen Jahr einen Aktionsplan zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles vorgelegt, mit dem die verschiedenen Faktoren, die zu dieser Ungleichheit beitragen, angegangen werden sollen.
Eurobarometer zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben
Die Europäische Kommission veröffentlichte jetzt eine Eurobarometer-Erhebung‚ die die Meinungen der Europäerinnen und Europäer zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben veranschaulicht. Die Ergebnisse der Eurobarometer-Umfrage, eine Infografik und länderspezifische Factsheets sind hier abrufbar.
EU-Aktionsplan zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles
Die Kommission hat einen Aktionsplan der EU zur Bekämpfung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles für 2018 bis 19 auf den Weg gebracht. Der Plan konzentriert sich auf acht Aktionsschwerpunkte. Bislang sind 3,3 Mio. Euro in Projekte geflossen, die die Bekämpfung von Stereotypen, u. a. bei der Berufsberatung und Berufswahl, fördern. In den nächsten Wochen wird eine öffentliche Konsultation eingeleitet, um auszuloten, wie die EU-Rechtsvorschriften zur Lohngleichheit funktionieren, und um Ideen zu sammeln, wie sich die einschlägigen Ziele besser erreichen lassen. Zudem schlägt die Kommission länderspezifische Empfehlungen vor und thematisiert das geschlechtsspezifische Lohngefälle im Rahmen des Europäischen Semesters.
Die Kommission hat eine Bewertung der Richtlinie zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen eingeleitet. Die Bewertung erfolgt unter anderem auf der Grundlage von Gesprächen mit Interessenträgern, insbesondere den Sozialpartnern, und den Mitgliedstaaten. Im November startet eine öffentliche Online-Konsultation.
Quelle und weitere Informationen:
EU-Aktuell vom 26.10.2018
Wichtiger Hinweis: Sie sehen eine Archivseite. Diese Informationen geben den Stand des Veröffentlichungstages wieder (30.10.2018) und sind möglicherweise nicht mehr aktuell.