Europäische Kommission legt Vorschlag für drei neue Programme vor: Soziales und Gesundheit, Anpassung an die Globalisierung und für Justiz, Rechte und Werte
Europa |
Die Europäische Kommission will die soziale Dimension der EU weiter stärken und hat am 30. Mai 2018 vorgeschlagen, den Europäischen Sozialfonds (ESF) im nächsten langfristigen EU-Haushalt 2021-2027 mit bestehenden Fonds und Programmen wie dem EU-Gesundheitsprogramm zum Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) zu verschmelzen.
Auch der Europäischen Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) soll wirksamer werden. Zusätzlich schlägt die Kommission einen neuen Fonds für Justiz, Rechte und Werte vor. Dieser soll die Entwicklung eines Europäischen Rechtsraums unterstützen und sicherstellen, dass Nichtregierungsorganisationen und die Zivilgesellschaft künftig eine größere Rolle bei der Förderung und dem Schutz gemeinsamer Werte spielen.
Für den Zeitraum 2021-2027 wird der Europäische Sozialfonds Plus mit 101,2 Mrd. Euro ausgestattet, der Fonds für die Anpassung an die Globalisierung mit 1,6 Mrd. Euro und der neue Fonds für Justiz, Rechte und Werte mit 947 Mio. Euro.
Die Vorschläge für die EU-Programme im Einzelnen:
1. Der Europäische Sozialfonds (2014 - 2020)
Der Europäische Sozialfonds (2014 - 2020) gibt in den EU-Mitgliedstaaten finanzielle Unterstützung u.a. für die Qualifizierung und Weiterbildung von Langzeitarbeitslosen und Berufsrückkehrer/innen aber auch für Beratungsmodule für kleine und mittlere Unternehmen, die sich im Hinblick auf zunehmende Globalisierungstendenzen strategisch neu ausrichten wollen.
Der neu vorgesehene Europäische Sozialfonds Plus soll die Umsetzung der Säule der sozialen Rechte (verabschiedet auf dem Sozialgipfel in Göteborg im November 2017) unterstützen und dabei flexibler und einfacher bei der Beantragung und Durchführung von Projekten sein. Der ESF+ (2021-2027) soll folgende bisherige Fonds aufnehmen:
- den Europäische Sozialfonds (ESF) und die Beschäftigungsinitiative für junge Menschen
- den Europäischen Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen
- das EU-Programm für Beschäftigung und soziale Innovation
- das EU-Gesundheitsprogramm
Wesentliche Eckpunkte des neuen Fonds sind:
- Die Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt: In Abstimmung mit den Mitgliedstaaten sollen die finanziellen Ressourcen in Maßnahmen fließen, die wichtige Prioritäten und Anliegen der Bürgerinnen und Bürger aufgreifen. Die ESF+-Programme sollen sich vor allem auf die Herausforderungen die sich im Rahmen des Europäischen Semesters (Auffangen von sozialen Verwerfungen bei wirtschaftlichen Anpassungsprogrammen für einzelne EU-Mitgliedstaaten) und der europäischen Säule sozialer Rechte ergeben, konzentrieren.
- Schwerpunkt auf Jugendarbeitslosigkeit und sozialer Inklusion: Mitgliedstaaten mit einem hohen Anteil junger Menschen, die weder arbeiten noch eine schulische oder berufliche Ausbildung absolvieren, werden dazu verpflichtet, einen Anteil von mindestens 10 Prozent der ESF+-Mittel zur Förderung der Beschäftigung junger Menschen einzusetzen. Der Fonds wird nach dem Willen der Europäischen Kommission auch zukünftig einen Beitrag zur Europäischen Agenda für Kompetenzen leisten. Darüber hinaus sollen mindestens 25 Prozent der ESF+-Mittel in Maßnahmen fließen, die soziale Inklusion fördern und den Bedürftigsten zugutekommen. Der ESF+ wird die Mitgliedstaaten außerdem bei der Integration rechtmäßig in der EU verbleibender Drittstaatsangehöriger in ihre Arbeitsmärkte und Gesellschaften unterstützen, vor allem durch Maßnahmen zur Förderung der langfristigen Integration. Der ESF+ ergänzt hierdurch den Asyl- und Migrationsfonds, in dessen Rahmen die kurzfristige Integration gefördert wird.
- Bürokratieabbau: Die Kommission schlägt eine Vereinfachung der Vorschriften für den nächsten langfristigen EU-Haushalt vor, mit geringerem Verwaltungsaufwand und einfacherem Zugang zu Mitteln aus verschiedenen Quellen für Behörden, Bürger/innen oder Organisationen, die EU-Unterstützung in Anspruch nehmen.
- Maßgeschneiderte Unterstützung im Gesundheitswesen: Die Komponente "Gesundheit" soll sich auf Schwerpunktbereiche konzentrieren, in denen sich die Zusammenarbeit auf EU-Ebene als nützlich erwiesen hat: Stärkung der grenzübergreifenden Krisenvorsorge, Unterstützung der Gesundheitsbehörden in den Mitgliedstaaten, Digitalisierung von Gesundheit und Pflege, Unterstützung von EU-Rechtsvorschriften im Gesundheitsbereich und Ausbau der grenzübergreifenden Zusammenarbeit, beispielsweise zu seltenen und komplexen Krankheiten über die Europäischen Referenznetze.
2. Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung nach 2020
Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) wird überarbeitet, damit er entlassenen Arbeitnehmer/innen wirksamer helfen kann. Nach den derzeit geltenden Regelungen erhalten Arbeitnehmer/innen nur dann Hilfe aus dem Fonds, wenn sie ihren Arbeitsplatz aufgrund sich wandelnder Handelsmuster oder im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise verloren haben. Nach den neuen Vorschriften können auch andere Gründe einer Umstrukturierung wie beispielsweise Automatisierung und Digitalisierung für eine etwaige Förderung angeführt werden, womit die Europäische Kommission den neuen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt Rechnung tragen will.
Darüber hinaus kann nach den neuen Vorschriften schon ab einer Zahl von 250 entlassenen Arbeitnehmer/innen (bisher 500) eine Förderung beantragt werden, wodurch mehr Arbeitnehmer/innen Unterstützung erhalten. Ein verbessertes Bereitstellungsverfahren zur Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren ist eine weitere Neuerung. Der derzeit bei 60 Prozent liegende Kofinanzierungssatz des Fonds wird an die für den betreffenden Mitgliedstaat geltenden höchsten Kofinanzierungssätze des ESF+ angepasst. Das bedeutet, dass die EU in mehreren Fällen einen höheren Anteil der Gesamtkosten finanziert.
3. Der Fonds für Justiz, Rechte und Werte
Die Kommission schlägt darüber hinaus einen neuen Fonds für Justiz, Rechte und Werte vor, der die Programme "Rechte und Werte" und "Justiz" umfasst. Der Vorschlag sieht eine Mittelausstattung von 947 Mio. Euro über einen Zeitraum von sieben Jahren vor. Davon sollen 642 Mio. Euro für das Programm "Rechte und Werte" und 305 Mio. Euro für das Programm "Justiz" bereitgestellt werden.
In einer Zeit, in der die europäischen Gesellschaften mit Extremismus, Radikalisierung und Spaltung konfrontiert sind, ist es nach Ansicht der Europäischen Kommission wichtiger denn je, Justiz, Rechte und Werte der EU zu fördern, zu stärken und zu verteidigen. Das Programm wird beispielsweise helfen, Ungleichheiten und Diskriminierung zu bekämpfen, Kinder besser zu schützen und die justizielle Zusammenarbeit zur wirksameren Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus zu verbessern. Der Fonds unterstützt die Entwicklung eines Europäischen Rechtsraums auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und der Rechtsstaatlichkeit. Er wird auch sicherstellen, dass Nichtregierungsorganisationen und die Zivilgesellschaft künftig eine größere Rolle bei der Förderung und dem Schutz gemeinsamer Werte spielen und stärker in die Sensibilisierung für diese Werte einbezogen werden, und dass die Menschen ihre Rechte wahrnehmen können.
Der neue Fonds stellt gegenüber der derzeitigen Situation mit drei Programmen eine Vereinfachung dar. So wird insbesondere der Bereich "Unionsbürgerschaft", der derzeit in zwei verschiedenen Programmen angesiedelt ist (u.a. "Europa für Bürgerinnen und Bürger"), künftig durch das neue Programm "Rechte und Werte" abgedeckt.
Hintergrund:
Der Europäische Sozialfonds (ESF) wurde zeitgleich mit den Römischen Verträgen 1957 eingerichtet, er ist damit das älteste und wichtigste Instrument der EU zur Förderung von Arbeitsplätzen, von angepasster Bildung und zur Modernisierung von Verwaltungen.
Der Europäische Fonds für die Anpassung an die Globalisierung (EGF) wurde im Dezember 2006 verabschiedet und unterstützt seit 2007 Arbeitnehmer/innen, die im Zuge der Globalisierung und des technologischen Fortschritts ihre Arbeitsplätze verloren haben, durch Qualifizierungs- und Weiterbildungskurse und bei der Suche nach einem neuen adäquaten Arbeitsplatz.
Die heutigen Vorschläge zum ESF+, EGF und zum Fonds für Justiz, Rechte und Werte sind Teil der Vorschläge der Europäischen Kommission für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (2021-2027, siehe hierzu den Artikel vom 04.05.2018 unter der Rubrik "EU-Aktuell") und müssen mit Europäischem Parlament und Rat einvernehmlich beschlossen werden.
Quelle und weitere Informationen:
- EU-Aktuell vom 30.05.2018
Wichtiger Hinweis: Sie sehen eine Archivseite. Diese Informationen geben den Stand des Veröffentlichungstages wieder (08.06.2018) und sind möglicherweise nicht mehr aktuell.