Europäische Kommission stellt Szenarien für die Zukunft der Verteidigung der EU und den neuen EU-Forschungsfonds zu
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Die Europäische Kommission hat am 07. Juni 2017 eine öffentliche Diskussion über die Zukunft der EU-Verteidigungspolitik eröffnet und die Einrichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds vorgestellt. In einem sog. Reflexionspapier stellte die Europäische Kommission drei mögliche Szenarien für die zukünftige Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten im Verteidigungsbereich zur Auswahl. Mit der Debatte sollen gemeinsam beschlossene Instrumente für mehr Schutz und Sicherheit für die BürgerInnen in der EU gefunden und umgesetzt werden. Der bereits vormals von Kommissionspräsident Juncker genannte Verteidigungsfonds soll zu mehr Abstimmung der 27 EU-Mitgliedstaaten untereinander bei der Beschaffung von Verteidigungsressourcen und damit zu mehr Effizienz bei den Ausgaben und der Sicherheit für den EU-Raum führen.
Die EU-Staats- und Regierungschefs sollen bei ihrem Gipfeltreffen am 09. Juni 2017 in Prag (unter tschechischer Ratspräsidentschaft) beraten, wie eine gemeinsame Zusammenarbeit im Bereich Verteidigung im Einklang mit dem Vertrag von Lissabon in Zukunft aussehen könnte. Die drei Szenarien im Einzelnen:
Erstes Szenario "Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit und Verteidigung":
- Die Mitgliedstaaten würden über die notwendige Zusammenarbeit im Sicherheits- und Verteidigungsbereich nach wie vor selbst auf freiwilliger Basis und im konkreten Einzelfall entscheiden.
- Die EU würde bei diesem Modell weiterhin die Bemühungen auf nationaler Ebene ergänzen.
- Die EU würde sich auch künftig an den "anspruchsvollsten Operationen" nur beschränkt beteiligen.
- Die Entwicklung und Beschaffung von Verteidigungsfähigkeiten unterstehen aber immer noch weitgehend der Aufsicht der einzelnen Mitgliedstaaten.
- Format und Struktur der Zusammenarbeit zwischen EU und NATO würden in der jetzigen Form beibehalten.
Das zweite Szenario "Geteilte Verantwortung für Sicherheit und Verteidigung" ist bereits ehrgeiziger in seiner Ausrichtung und sieht mehr Kooperation wie folgt vor:
- Die Mitgliedstaaten würden für mehr Solidarität im Verteidigungsbereich bestimmte finanzielle und operative Ressourcen bündeln.
- Die EU würde sich stärker für den Schutz Europas innerhalb und außerhalb seiner Grenzen engagieren. Sie würde eine größere Rolle im Cyberbereich, beim Grenzschutz oder der Terrorbekämpfung spielen und die Verteidigungs- und Sicherheitsdimension ihrer Energie-, Gesundheits-, Zoll- oder Weltraumpolitik aufwerten, d.h. ausweiten
- Für dieses Szenario wären nach Ansicht der Europäischen Kommission Entscheidungsstrukturen notwendig, die einem sich rasch wandelnden Kontext der schnellen Zusammenarbeit gerecht werden.
- Die EU und die NATO würden stärker zusammenarbeiten und sich in einer Reihe von Fragen enger abstimmen.
Das dritte Szenario ist das ambitionierteste Modell, weil es erstmalig eine "Gemeinsame Verteidigung und Sicherheit" vorsehen würde:
- Schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik der EU, die in eine gemeinsame Verteidigung auf der Grundlage von Artikel 42 des EU-Vertrags münden würde.
- Eine Gruppe von Mitgliedstaaten, könnte und dürfte eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der europäischen Verteidigung begründen. Gemäß diesem Szenario würde der Schutz Europas zum Vorteil beider Seiten der Verantwortung von EU und NATO unterstellt.
- Auf dem Fundament eines höheren Niveaus an Integration der Verteidigungskräfte der Mitgliedstaaten wäre die EU in der Lage, Sicherheits- und Verteidigungseinsätze im sogenannten Hochwertbereich durchzuführen.
- Die EU würde gemeinsame Verteidigungsprogramme mit dem Europäischen Verteidigungsfonds unterstützen und eine eigene Europäische Agentur für Verteidigungsforschung einrichten. Dies würde auch dazu beitragen, dass ein echter europäischer Markt für Verteidigungsgüter entsteht, der für wichtige strategische Tätigkeiten Schutz vor feindlichen Übernahmen von außen bieten kann.
Bei der Vorstellung der drei Szenarios sagte die Hohe Vertreterin der EU für Verteidigungs- und Sicherheitspolitik und Vize-Präsidentin der Europäischen Kommission, Federica Mogherini: "Wir kommen beim Thema Sicherheit in der Europäischen Union rasch und gut voran. Die Kommission begleitet und unterstützt die Mitgliedstaaten bei ihrem entschlossenen Vorgehen. Mit dem heute vorgelegten Reflexionspapier leistet die Kommission ihren Beitrag zu den Überlegungen, die über die Zukunft der Union auf diesem Gebiet angestellt werden. Ausgangspunkt dabei ist die Forderung der Bürger nach mehr Integration und Effizienz in Sachen Verteidigung. Die Europäische Union bietet uns die Möglichkeit, die Mitgliedstaaten bei der Entwicklung militärischer Fähigkeiten zu unterstützen und effizienter in unsere Verteidigung zu investieren. In weniger als einem Jahr haben wir einiges erreicht und wir werden entschlossen in diesem Tempo weiterarbeiten."
Der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Vizepräsident und EU-Kommissar Jyrki Katainen, ergänzte: "In der Welt von heute kommt es mehr als je zuvor auf eine starke NATO und eine starke EU an. Als noch stärkerer Partner für seine Verbündeten muss Europa seine Sicherheit und seine Verteidigung selbst in die Hand nehmen und dabei Überschneidungen und Doppelarbeit vermeiden. Wir kennen unseren Kurs und den Mitgliedstaaten kommt die Führungsrolle zu. Jetzt ist es an der Zeit zu entscheiden, wie rasch wir am Ziel ankommen wollen".
Die Einrichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds
Der Europäische Verteidigungsfonds wurde im September 2016 von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vorgeschlagen und nach Vorlage einer ersten Ausgestaltung von den Staats- und Regierungschefs im Dezember 2016 unterstützt. Der aus EU-Finanzmitteln gespeiste Fonds soll zukünftig die nationalen Investitionen der EU-Mitgliedstaaten in die Entwicklung von Prototypen und die Beschaffung von Verteidigungsgütern und -technologien koordinieren, ergänzen und verstärken.
Der Fonds hat zwei Teile:
Forschung:
Der forschungsbezogene Teil des Fonds ist bereits wirksam. 2017 wird die EU erstmals Fördermittel für die gemeinsame Forschung im Bereich innovativer Verteidigungstechnologien und -güter anbieten, die vollständig und unmittelbar aus dem EU-Haushalt stammen. Bei den Projekten, die für eine EU-Finanzierung infrage kommen, liegt der Schwerpunkt auf zuvor von den Mitgliedstaaten vereinbarten Bereichen; typische Beispiele hierfür sind laut Europäischer Kommission Elektronik, Metawerkstoffe, verschlüsselte Software oder Robotertechnik.
Entwicklung und Beschaffung:
Der Fonds wird durch Cofinanzierung aus dem EU-Haushalt und praktische Unterstützung von der Kommission Anreize für die Mitgliedstaaten schaffen, bei der gemeinsamen Entwicklung und Beschaffung von Verteidigungsgütern und -technologien zu kooperieren. Als Beispiele nennt die Europäische Kommission gemeinsame Investitionen in die Entwicklung von Drohnentechnologie oder Satellitenkommunikation oder den Kauf von Hubschraubern in großer Stückzahl. An dieser Stelle betont die Europäische Kommission, dass nur gemeinsame Projekte finanziert werden könnten, und ein Teil des Gesamthaushalts für Projekte zweckgebunden sei, an denen KMU aus mehreren Ländern teilnähmen. Die EU wird eine Cofinanzierung in folgender Höhe anbieten:
- 500 Mio. Euro im Rahmen eines heute vorgeschlagenen speziellen Entwicklungsprogramms für 2019 und 2020.
- 1 Mrd. Euro pro Jahr nach 2020: Ein größer angelegtes Programm, das jährlich mit 1 Mrd. Euro ausgestattet ist, wird für die Zeit nach 2020 ausgearbeitet.
Zu der Einrichtung des Verteidigungsfonds sagte der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Kommissar und Vize-Präsident der Europäischen Kommission, Jyrki Katainen: "In ganz Europa machen sich die Menschen Sorgen über ihre Sicherheit und die ihrer Kinder. Wir müssen in diesem Bereich mehr tun und besser werden. Dafür müssen wir unsere Zusammenarbeit mit der NATO ausbauen. Heute zeigen wir, dass wir Worten Taten folgen lassen. Der Fonds dient als Triebfeder für eine leistungsfähige europäische Verteidigungsindustrie, die vollständig kompatible Spitzentechnologie und hochmoderne Ausrüstungen entwickelt. Die Mitgliedstaaten bleiben dabei bestimmend, können aber mehr aus ihren Geldern machen - und letztlich an Einfluss gewinnen."
Elżbieta Bieńkowska, die für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU verantwortliche Kommissarin, fügte hinzu: "Europa muss zum Sicherheitsgaranten werden. Mit dem Fonds wird die gemeinsame Verteidigungsforschung und die Entwicklung von Verteidigungsfähigkeiten gefördert. Von ihm gehen ganz neue Impulse für die strategische Autonomie der EU und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Verteidigungsindustrie aus. Davon profitieren auch die vielen KMU und Midcap-Unternehmen in der Wertschöpfungskette der europäischen Verteidigungsbranche."
Quelle und weitere Informationen:
- EU-Informationen vom 07.05.2017
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