Europäische Kommission stellt Pläne für eine europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik vor
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Die Europäische Kommission hat am 30.11.2016 Pläne und Ziele für eine engere europäische Zusammenarbeit in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik vorgelegt. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erläuterte den Aktionsplan und führte hierzu aus: "Um unsere kollektive Sicherheit zu garantieren, müssen wir in die gemeinsame Entwicklung von Technologien und Ausrüstung mit strategischer Bedeutung investieren – vom Land-, Luft-, See- und Raumfahrtfähigkeiten bis zur Cybersicherheit. Dazu müssen die Mitgliedstaaten mehr zusammenarbeiten und nationale Ressourcen müssen stärker gebündelt werden. Wenn wir in Europa uns nicht um unsere Sicherheit kümmern, wird es auch sonst niemand tun. Eine starke, wettbewerbsfähige und innovative Verteidigungsindustrie wird uns zu strategischer Autonomie verhelfen".
Herzstück der Vorschläge ist die Errichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds zur Koordination und gemeinsamen Förderung von gemeinsamer Forschung und Entwicklung in die Verteidigungsausrüstung und –technologie. In diesem Zusammenhang will die Europäische Kommission den Binnenmarkt für Verteidigungsgüter ausbauen, einmal, um Unternehmen die grenzüberschreitende Tätigkeit zu erleichtern und zum Zweiten, damit die EU-Mitgliedstaaten bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis erzielen können.
Mit dieser Initiative reagiert die Europäische Kommission auf die bestehenden Doppelstrukturen, mangelnde Interoperabilität, Technologielücken und unzureichende Größenvorteile für Industrie und Produktion; etwa 80 Prozent der Beschaffung in der Verteidigung erfolgt nach Feststellung der Europäischen Kommission auf rein nationaler Ebene, was hohe Kosten bedingt und zu mehrfach vorhandenen militärischen Fähigkeiten führt. Der Mangel an Kooperation zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Bereich Verteidigung führt nach Schätzungen der Europäischen Kommission zu Kosten zwischen 25 und 100 Mrd. Euro. Damit haben die EU-Staaten zwar nach den USA die höchsten Militärausgaben, aufgrund der geschilderten Fragmentierung und mangelnden Abstimmung untereinander sind die Europäer immer noch sehr von den strategischen Mitteln, die die USA für militärische Operationen zur Verfügung stellen, abhängig. Hinzu kommt, dass die Mitgliedstaaten ihre nationalen Verteidigungshaushalte während des vergangenen Jahrzehnts stark reduziert haben, während Großmächte wie die USA, China, Russland und Saudi-Arabien ihre Verteidigungsausgaben in einem nicht gekannten Ausmaß erhöht haben.
Schon in seiner Rede zur Lage der Union am 14.09.2016 hatte Kommissionspräsident Juncker betont, wie wichtig ein starkes Europa ist, das seine Bürgerinnen und Bürger im In- und Ausland schützt und verteidigt, ein Ziel, das seiner Ansicht nach nicht ohne Innovationen und die Bündelung von Ressourcen in der europäischen Verteidigungsindustrie zu erreichen sei.
Der europäische Verteidigungsaktionsplan umfasst folgende Maßnahmen und Ziele:
- Einrichtung eines Europäischen Verteidigungsfonds: Dieser soll Investitionen in die gemeinsame Forschung und Entwicklung von Verteidigungsausrüstung und -technologie fördern und umfasst zwei "Fenster", die sich ergänzen, aber eine unterschiedliche rechtliche Struktur aufweisen und aus unterschiedlichen Mitteln finanziert werden.
- Ein "Forschungsfenster" zur Förderung der gemeinsamen Forschung zu innovativen Verteidigungstechnologien (z.B. Elektronik, Metawerkstoffe, verschlüsselte Software oder Robotertechnik): Die Kommission hat bereits im Rahmen des EU-Haushalts für 2017 Ausgaben in Höhe von 25 Mio. Euro für die Verteidigungsforschung vorgeschlagen. Sie rechnet damit, dass dieser Betrag bis 2020 auf insgesamt 90 Mio. Euro steigen könnte. Für den mehrjährigen Finanzrahmen nach 2020 plant die Europäische Kommission, ein spezielles Verteidigungsforschungsprogramm mit Mitteln von schätzungsweise 500 Mio. Euro pro Jahr vorzuschlagen.
- Ein "Fähigkeitenfenster", soll es den beteiligten Mitgliedstaaten ermöglichen, bestimmte Mittel gemeinsam zu beschaffen und dadurch ihre Kosten zu senken, die Technologie und die Ausrüstung würden jedoch im Eigentum der Mitgliedstaaten bleiben; so könnten sie gemeinsam in Drohnentechnologie investieren oder in großen Mengen Hubschrauber ankaufen, um ihre Ausgaben zu reduzieren. Mit diesem Fenster will die Europäische Kommission jährlich etwa 5 Mrd. Euro mobilisieren.
- Förderung von Investitionen in KMU, Start-ups, Midcap-Unternehmen und andere Zulieferer der Verteidigungsindustrie: Die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds und die Europäische Investitionsbank (EIB)-Gruppe leisten bereits finanzielle Hilfe für die Entwicklung einiger Güter und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck. In diesem Zusammenhang will die Europäische Kommission die Bemühungen der Europäischen Investitionsbank unterstützen, den Unternehmen der Verteidigungslieferketten einen besseren Zugang zu Finanzierungen zu verschaffen. Die EIB soll die Co-Finanzierung produktiver Investitionsvorhaben durch die EU und die Modernisierung dieser Lieferketten fördern. Damit entsprechende Fachkräfte mit den nötigen Kompetenzen und technischen Fähigkeiten zur Verfügung stehen, um Innovationen entwickeln zu können, wird die Europäische Kommission auch die Zusammenarbeit bei der Ausbildung fördern.
- Ausbau des Binnenmarktes für Verteidigungsgüter: Die Kommission will die Bedingungen für einen offenen und wettbewerbsbestimmten Markt im Verteidigungsbereich in Europa verbessern, damit Unternehmen einfacher grenzüberschreitend tätig werden und die Mitgliedstaaten bei der Beschaffung von Verteidigungsgütern ein optimales Preis-Leistungs-Verhältnis erzielen können. Zu diesem Zwecke will die Europäische Kommission die tatsächliche Anwendung der beiden jetzigen Richtlinien über die Vergabe im Verteidigungs- und Sicherheitsbereich und über die Verbringung innerhalb der EU vorantreiben, die grenzüberschreitende Beteiligung an Vergabeverfahren in der Verteidigung erleichtern, die Entwicklung von Industrienormen unterstützen und den Beitrag der Politik anderer Sektoren (z.B. EU-Raumfahrtprogramme) zu den gemeinsamen Prioritäten der Sicherheit und Verteidigung fördern.
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