Haushaltsrede 2023 von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke
Es gilt das gesprochene Wort!
Haushaltsrede 2023
von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke
Sehr geehrte Abgeordnete,
meine Damen und Herren!
zur letzten Kreistagssitzung in diesem Jahr begrüße ich Sie ganz herzlich mit einem Wort von Alan Kay, Informatiker und Träger des als Nobelpreis der Computerwissenschaften geltenden Turing Awards:
„Die Zukunft kann man am besten voraussagen,
wenn man sie selbst gestaltet.“
Genau das wollen wir im Rhein-Kreis Neuss weiter tun. Die Herausforderungen unserer Zeit sind besonders groß, aber auch die Chancen. Denn es gibt bei uns viel Potenzial, das Fundament für eine weiterhin gute Zukunft zu legen.
Auf unserer Tagesordnung steht die Einbringung des Haushaltes für das Jahr 2023 – ein umfangreiches Zahlenwerk, das auflistet, welche Schwerpunkte wir für die künftige Entwicklung des Rhein-Kreises Neuss setzen wollen.
Vom Energiekreis zum nachhaltigen Innovationskreis - so möchte ich meine Rede zur Haushaltseinbringung überschreiben. Ich habe diesen Titel gewählt, weil darin zwei wichtige Dinge zum Ausdruck kommen:
- Dass wir trotz Problemen und Krisen wie Lieferengpässe, hohe Inflation, Corona und Putins Angriffskrieg in der Ukraine mit Zuversicht nach vorne schauen und darauf setzen, dass wir auch 2023 den durch den Strukturwandel bedingten Umbau unseres Kreises zu einem Vorreiterstandort vorantreiben können, der Nachhaltigkeit und Klimaschutz mit der Wirtschaftskraft eines Industriestandortes verbindet.
- Dass wir die Grundlagen festigen können für einen Rhein-Kreis Kreis, in dem man auch morgen gut leben, arbeiten und wohnen kann. Dazu gehört auch die Frage, wo wir unseren Standort in Zukunft sehen und was wir tun, um dies zu erreichen.
Aktuell erleben wir eine Zeit der multiplen Krisen. Corona ist noch nicht vorbei, auch wenn die Situation sich deutlich entspannt hat.
Vom Normalzustand kann aber noch keine Rede sein. Am 24. Februar begann der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die Folgen waren neue Flüchtlingsströme und eine Energiemangellage mit erheblichen Auswirkungen auf unsere Versorgungssicherheit.
Stark gestiegene Energiepreise, seit Jahrzehnten nicht mehr gekannte Inflationsraten und die Unterbrechung von Lieferketten machen unserer Wirtschaft ebenso wie den Privathaushalten zu schaffen. Die Folgen sind für viele Bereiche derzeit nicht absehbar.
Der Entwurf des Kreishaushaltes steht dafür, dass wir in dieser Situation mit der gebotenen Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit die Stärken unseres Rhein-Kreises Neuss weiter ausbauen und Zukunftschancen nutzen wollen.
Noch im Sommer konnten wir für unseren Standort einen in dieser Höhe nicht erwarteten Konjunktur-Boom vermelden. Das regionale Geschäftsklima unseres Mittelstandsbarometers erreichte im Rhein-Kreis Neuss ein neues Rekordhoch – trotz globaler Krisenlagen.
Weltweite Handelshemmnisse, Putins völkerrechtswidriger Angriffskrieg in der Ukraine, die hohe Inflation und auch fehlende Fachkräfte bremsen die wirtschaftliche Erholung in vielen Wirtschaftsbereichen mittlerweile jedoch ab.
Dennoch erwartet der Sachverständigenrat in Deutschland im kommenden Jahr eine eher milde Rezession und einen stabilen Arbeitsmarkt. In ihrer Prognose sind die fünf Wirtschaftsweisen damit etwas optimistischer als die Bundesregierung und andere Ökonomen.
Der Ihnen vorliegende Haushaltsentwurf gibt wichtige Zukunftsimpulse für einen nachhaltigen, innovativen und lebenswerten Rhein-Kreis Neuss. Die anhaltende Krisen-Dynamik und die damit verbundenen Unsicherheiten lassen auch diesmal keinen Doppel-Haushalt zu.
Mit dem vorliegenden, ausgeglichenen Haushaltsentwurf gelingt es, den Hebesatz der Kreisumlage von 32,0 Prozentpunkten beizubehalten. Dies war nur möglich dank der großen Disziplin und Rücksichtnahme der Ämter und Dezernate bei der Haushaltsaufstellung und ist auch nicht risikofrei (z.B. Tarifsteigerungen).
Dass wir den Hebesatz vom Vorjahr, der der niedrigste seit Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) im Jahr 2007 war, halten können, ist ein großer Erfolg, mit dem wir die kreisangehörigen Kommunen unterstützen, indem wir für mehr Stabilität sorgen.
Wir setzen zudem unsere durch die Bezirksregierung wiederholt bestätigte solide Finanzpolitik fort. Wir reduzieren weiter den Schuldenstand, was durch den sinkenden Zinsaufwand wiederum auch die Städte und Gemeinden entlastet.
Unsere Gesellschaft steht vor großen Aufgaben: Klimaschutz, sozialer Friede und Integration, Gesundheit, Mobilität, Digitalisierung, Katastrophenschutz – das alles sind Felder, deren Umsetzung größtenteils auf kommunaler Ebene stattfindet. Bei uns kommt noch der Strukturwandel hinzu.
All dies können wir nur im engen Schulterschluss erfolgreich angehen.
Meine Damen und Herren,
der altbekannte Satz „Global denken – lokal handeln“ ist aktueller denn je.
Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit brauchen das Engagement und die praktische Umsetzung vor Ort. Gerade die Kreise, Städte und Gemeinden verzeichnen hier beachtliche Erfolge.
Wir im Rhein-Kreis Neuss wollen weiter Sorge dafür tragen, dass unsere Heimat umwelt- und familienfreundlich sowie ein beliebter Wohnstandort ist, an dem auch ausreichend Wohnraum verfügbar ist.
Wir wollen weiter dafür Sorge tragen, dass der Rhein-Kreis Neuss auch künftig wirtschaftsstärkster Kreis in NRW ist und damit Arbeits- und Ausbildungsplätze sichern und neue schaffen. Und wir wollen unsere Stellung als Innovationskreis weiter stärken.
Kurz: Wir wollen die guten Lebensbedingungen im Rhein-Kreis Neuss nicht nur bewahren, sondern stetig ausbauen.
Dies ist die Grundlage des Ihnen vorliegenden Haushaltsentwurfs.
Vom Energiekreis zum nachhaltigen Innovationskreis
Bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs und der sich daran anschließenden Diskussion geht es nicht nur um die geplanten Ausgaben für das Jahr 2023; wir schaffen auch die Grundlagen für die Verwirklichung eines Zukunftsbildes. Wie aber stellen wir uns den Rhein-Kreis Neuss im Jahr 2030 vor?
Darauf möchte ich - auch mit Blick auf unsere Chancen und Potenziale vor dem Hintergrund des Strukturwandels, des Klimawandels, der Energiewende, von Innovation und Digitalisierung – hier eingehen.
Dabei geht es mir mehr um einen schlaglichtartigen Ausblick als um eine vollständige Aufzählung all unserer Aktivitäten und Zielsetzungen.
Der Energiekreis im Wandel
Energie war für unseren Standort immer ein Kernthema. In der Vergangenheit auf dem Weg zum erfolgreichen Wirtschaftsstandort - heute auf dem Weg zum wirtschaftsstarken Innovationskreis in einer nachhaltigen Welt.
Wir haben uns in Deutschland bereits auf den Weg gemacht, die Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu beenden. Wir brauchen auch künftig Energiesicherheit, etwa durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und durch Diversifizierung der Energieimporte.
Für uns im Rhein-Kreis bedeutet dies, Energie aus weniger Kohle und mehr Solar- und Windkraft, überall wo es im Kreisgebiet sinnvoll ist. Zudem möchten wir die Chancen von grünem Wasserstoff weiter voranbringen. Für eine Übergangszeit können aber auch neue Gaskraftwerke – die auf Wasserstoff umgerüstet werden können – notwendig sein.
Den für unsere Region im Zuge des Kohleausstiegs anstehenden strukturellen Wandel gestaltet der Rhein-Kreis Neuss von Anbeginn sehr aktiv mit.
Wir brauchen durch die mehrfach vorgezogenen Ausstiegsziele – von zunächst 2045 auf 2038 und dann sogar auf 2030 – aber noch mehr Tempo, wenn der Strukturwandel nicht zum Strukturbruch geraten und die Energieversorgung auch künftig sicher sein soll.
Was für die Erfüllung der Klimaziele gut ist, stellt Menschen, Unternehmen und Kommunen im Rheinischen Revier vor immense Herausforderungen.
Wichtig bleibt vor allem der Erhalt beziehungsweise die Schaffung neuer, auch industrieller Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Damit dies gelingt, muss Strom sicher und bezahlbar bleiben.
Mit veränderter Energiegewinnung, mehr Energieeffizienz und besserem Netz wollen wir diese Aufgabe angehen. Wichtige Schritte auf diesem Weg sind:
- der im vorigen Monat genehmigte Gleichstrom-
Konverter in Meerbusch-Osterath, - Recycling-Innovationen,
- das Wasserstoff-Netz Neuss-Hafen, Dormagen
und Grevenbroich - sowie wasserstofffähige Gaskraftwerke in
Grevenbroich-Neurath und Frimmersdorf.
Wenn es um den Energie-Mix der Zukunft geht, führt kein Weg an Wasserstoff vorbei. Dafür muss die entsprechende Infrastruktur geschaffen werden.
Der Innovationskreis
Zu unseren Standortvorteilen gehört die große Innovationskraft im Rhein-Kreis Neuss, der sich zusehends zur Region mit besten Voraussetzungen für Pioniere entwickelt.
Im Rahmen unserer Wirtschaftsförderung setzen wir bereits erfolgreich auf das Thema Innovation als Schlüssel zur Zukunftsgestaltung. Kleine und mittelständische Unternehmen können unser Förderprogramm „INNO-RKN“ für Innovationsmaßnahmen nutzen.
Außerdem stoßen wir ein eigenes Gründer-Ökosystem im und für unseren Standort an. Mit dem Programm „Accelerate RKN“ fördern wir Start-ups bei den ersten Entwicklungsschritten. Die Resonanz zeigt uns, dass wir die richtigen Initiativen zur richtigen Zeit gestartet haben.
Damit werden innovative Unternehmen bei der Umsetzung zukunftsweisender Projekte und der Schaffung neuer Arbeitsplätze unterstützt.
Im Rahmen unserer Innovationsstrategie sind wir auch Partner des Global Entrepreneurship Centers in Meerbusch. Das Projekt fördert als erster weltweiter Dreh- und Angelpunkt dieser Art Unternehmen mit Technologien für die Lösung der globalen Klimafragen und die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen.
Wir setzen damit ein weiteres starkes Signal für nachhaltige und zukunftssichere Jobs. Denn neue innovative Unternehmen modernisieren die Wirtschaftsstruktur, sorgen für Wachstum und sind unentbehrlich, um die Transformation zu einer klimaneutralen Ökonomie in einem weiterhin starken Industriestandort zu schaffen.
Eine Schlüsselrolle, wenn es darum geht, Impulse zur Sicherung von Wertschöpfung und Arbeitsplätzen zu geben, werden hochleistungs-fähige digitale Infrastrukturen und Technologien spielen.
So treiben wir auch den kreisweiten Ausbau des 5G-Netzes voran. Im kommenden Jahr ist der Start einer eigenen Mobilfunk-Koordination geplant, und wir haben dafür gute Aussichten auf Fördergelder.
Rechenzentren und Digitalparks eröffnen neue Potenziale für den technologischen Fortschritt. Umso erfreulicher ist, dass im Raum Grevenbroich/Rommerskirchen ein großes Hyperscale-Rechenzentrum mit Neugründungen im Umfeld entstehen wird.
Das bedeutet nicht nur neue Arbeitsplätze, sondern eine weitere Aufwertung unserer Standortqualität. Hierzu tragen auch Strukturwandelprojekte wie das Lebensmittellaunch-Center Neuss und das Innovation-Valley Garzweiler bei, mit dem die Planungen rund um Folgelandschaften des Tagebaus weiteren Schub erhalten.
Der digitale Kreis
Der digitale Wandel ebnet den Weg in die Zukunft, und der Rhein-Kreis Neuss ist eine treibende Kraft in diesem Wandel – von der Digitalisierungsstrategie unserer agilen Wirtschaftsförderung und als Gesellschafter des Digihub Düsseldorf/Rheinland bis zur gut voranschreitenden Digitalisierung unserer Verwaltung.
Grundlage für den weiteren digitalen Wandel der Kreisverwaltung ist unser bis 2025 beschlossener Masterplan Digitalisierung, den wir konsequent zum Ausbau unserer digitalen Services umsetzen und so öffentliche Ressourcen effizienter einsetzen sowie Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen entlasten.
Die Kreisverwaltung digitaler aufzustellen, ist auch ein Beitrag zum Klimaschutz.
Unser Ziel ist, das Bestehende zu optimieren und gleichzeitig innovative Ansätze zu verfolgen. Dass wir dabei gut vorankommen, dafür sorgt unsere Stabsstelle Digitalisierung. 2023 werden wir beispielsweise die E-Akte in der Verwaltung weiter etablieren.
Der digitale Wandel erfordert auch leistungsstarke Datenleitungen. Wir treiben daher den flächendeckenden Breitbandausbau im Kreisgebiet weiter voran. So startet 2023 bei uns als Anschlussprojekt des „Weiße Flecken“-Programms ein noch umfangreicheres Förderprogramm zum Breitbandausbau mit einem Volumen von rund 128 Millionen Euro.
Der Mobilitätskreis
Wie können wir unser Mobilitätsbedürfnis mit unseren Nachhaltigkeitszielen in Einklang bringen? Vor dem Hintergrund dieser Frage sehe ich den Rhein-Kreis Neuss des Jahres 2030 als Mobilitätskreis mit besserer Infrastruktur und mehr qualitätsvoller Mobilität. Dies ist auch die Voraussetzung für das Gelingen des Strukturwandels.
Im Rheinischen Revier haben wir jetzt die Chance, mit neuer und flexibel verfügbarer Mobilität gleichzeitig den Strukturwandel voranzutreiben und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern.
Mit der Förderung von Bus, Bahn und Radverkehr setzen wir im Rhein-Kreis Neuss bereits Akzente. Aber auch das Autobahn- und Straßennetz muss den Mobilitätsbedürfnissen der Menschen entsprechen.
Kein nachhaltiges Mobilitätskonzept kommt ohne leistungsstarken Nahverkehr aus. Deshalb engagieren wir uns auch hier: Ziele sind Attraktivitätssteigerung durch gute Angebote – wie zum Beispiel durch den Aufbau eines verknüpften Bahn-Netzes im Rheinischen Revier.
Dazu gehören S6, S28 und die Revierbahn Aachen, und ich erwarte von Bund und Bahn beim Thema Revierbahn endlich von der Bremse zu steigen.
Als wichtige Beiträge für umweltschonende Mobilität sehe ich hier den weiteren Ausbau des Radwegenetzes im gesamten Kreisgebiet ebenso wie flächendeckende Angebote zum Car- und Bike-Sharing sowie zum flexiblen On-Demand-Verkehr als Teil eines erweiterten ÖPNV.
Schon jetzt eröffnet die Elektromobilität enorme Chancen für ein nachhaltiges Mobilitätssystem. So installieren wir zum Beispiel öffentlich zugängliche E-Ladestationen an Kreisgebäuden.
Für die Zukunft in unserem Rhein-Kreis Neuss mit seiner gewohnt hohen Lebensqualität gehört neben einer nachhaltigen auch eine leistungsfähige Infrastruktur für Wirtschaft und Bevölkerung. Ein für uns herausragendes Verkehrsprojekt ist hier der Autobahnanschluss Dormagen-Delrath. Die Prüfung bei der Bezirksregierung läuft noch. Wir hoffen, dass die Genehmigung bald kommt.
Für die Zukunft wünschen wir uns: flexible Mobilität, Fahren mit weniger Energieverbrauch, weniger Abgasen und weniger Lärm, einen häufiger genutzten und optimierten öffentlichen Personenverkehr und noch mehr gute Radwege.
Daran arbeiten wir mit Nachdruck, um Angebote zu schaffen. Diese anzunehmen, liegt in der Verantwortung jedes Einzelnen.
Der Umweltkreis
Das Thema nachhaltige Mobilität ist untrennbar verbunden mit einer gesunden Umwelt. Wir müssen aber auch überall wo möglich, den Übergang von der derzeit noch vorherrschenden Linearwirtschaft hin zur Kreislaufwirtschaft schaffen.
Ein verstärktes stoffliches Recycling wird sich nicht nur positiv auf Energieverbrauch und Umweltbelastungen auswirken, sondern auch auf die Versorgungssicherheit.
Der Rhein-Kreis Neuss setzt in seiner Gebäudewirtschaft bereits zunehmend auf das Kreislauf-Prinzip. Auch immer mehr Unternehmen halten Cradle-to-Cradle für das wichtigste zukunftsfähige Wirtschaftsprinzip.
Wir engagieren uns in vielen Projekten für den Klimaschutz und nachhaltige Lebensverhältnisse: ob mit unserem Waldvermehrungsprogramm, dem Radwegebau, Windtestanlage oder im Aktionsbündnis für Insekten und der Förderung von mehr Blühflächen.
In unserer Verwaltung selbst sind energetische Sanierung und smarte Gebäudetechnik, mehr E-Ladesäulen und Photovoltaik an und auf Kreisgebäuden oder klimaneutrales Drucken feste Bestandteile. Als erster Fairtrade-Kreis Deutschlands kommt noch nachhaltige und umweltfreundliche Beschaffung hinzu.
Zu einer gesunden Umwelt gehört auch sichere und qualitativ hochwertige Nahrung. Es gilt daher, auch die Zukunftschancen für die heimische Landwirtschaft zu stärken. Unsere Landwirtinnen und Landwirte begegnen täglich neuen Herausforderungen. Die Klimaveränderung und der Strukturwandel sind dafür nur zwei Beispiele.
Uns muss daher daran gelegen sein, mehr Bewusstsein für die Herkunft unserer Lebens- und Nahrungsmittel zu schaffen, zum Beispiel in den Schulen. Auch eine stärkere regionale Vermarktung von Agrarprodukten bringt den Umweltgedanken voran.
Der Unternehmerkreis
Wirtschaft und Unternehmen schaffen Perspektiven für Menschen und Standorte. Damit sie das können, brauchen sie gute Rahmenbedingungen. Dazu gehört unter anderem der Zugang zu geeigneten Gewerbeflächen. Der Rhein-Kreis Neuss hat daher das erste digitale Gewerbeflächenportal am Niederrhein gestartet.
Die Voraussetzungen sind gut, dass unser Rhein-Kreis Neuss sich als Unternehmerkreis mit innovativen Gewerbe-, Industrie- und Forschungsflächen profilieren kann. Zur Umsetzung brauchen wir im Zuge des beschleunigten Strukturwandels allerdings auch eine beschleunigte Regionalplanung.
Dies beinhaltet im Regionalplan bereits berücksichtigte Flächen wie darüber hinausgehende.
Angelaufen sind bereits Planungen zum Gewerbe- und Industriestandort Flughafen Mönchengladbach/Korschenbroich und zum Projekt Rheinisches Revier mit Gewerbe-, Industrie-, Wohn- und Forschungsflächen in Jüchen/Grevenbroich.
Weitere wichtige Entwicklungsflächen sind die Gewerbe- und Industriestandorte A540 in Jüchen/Grevenbroich, Silbersee in Dormagen und Mollsfeld II in Meerbusch.
Bei der Umnutzung des früheren Kraftwerk-Standorts Frimmersdorf muss eine hochwertige Entwicklung weiter das Ziel sein - wie im angedachten Ansatz des Innovations- und Technologiezentrums FRITZ. Wir können es uns nicht leisten, hier ausschließlich auf museale Erinnerungskultur zu setzen und die Chance für einen weiteren Schwerpunkt in Richtung Innovationsregion zu vertun.
Wir müssen aber auch die traditionellen Wirtschaftsbereiche wie die Landwirtschaft im Blick behalten. Ziele sind hier weiterhin ausreichend landwirtschaftliche Flächen und der Ausbau einer kreisweit smarten Landwirtschaft, die mit Hilfe digitaler Innovationen Umwelt und Ressourcen schont und gleichzeitig Arbeitsprozesse optimiert.
Der Bildungskreis
Eine zukunftsfähige Gesellschaft braucht smarten Nachwuchs – früher hätte man vielleicht „kluge Köpfe“ gesagt. Und auch wer die Sicherung von Fachkräften ernst nimmt, der sorgt für gute Bildungs- und Ausbildungschancen. Das schließt übrigens auch die Erwachsenenbildung mit ein.
Wenn es um Ausbildung, Jobs und Karriere geht, sollen junge Menschen bei uns weiter beste Voraussetzungen haben.
Wir engagieren uns daher nicht nur mit unseren kreiseigenen Schulen für gute Bildungschancen – sondern auch indem wir den manchmal nicht ganz einfachen Übergang zwischen Schule und Beruf verbessern. Und auch die Erwachsenenbildung muss künftig einen festen Platz in der Bildungslandschaft in unserem Kreis haben.
Als Zielmarke für 2030 sehe ich den Rhein-Kreis Neuss als Bildungskreis mit der geringsten Quote von Schulabgängern, mit der geringsten Jugendarbeitslosigkeit, mit den bestausgestatteten Berufskollegs und einer optimierten Förderschullandschaft.
Investitionen in Bildung sind immer auch Investitionen in Lebenschancen. Daher verbessern und erweitern wir weiter verstärkt die digitale Ausstattung unserer Schulen.
So wird der Austausch aller Tafeln gegen digitale Varianten im nächsten Jahr abgeschlossen sein. Schon jetzt verfügen unsere Schulen flächendecken über Breitbandanschlüsse und tausende Endgeräte mit insgesamt 10.000 Usern.
Auch flächendeckendes WLAN wird 2023 realisiert sein. Zum Digitalisierungsprogramm unserer Schulen gehört zudem der zentrale IT-Betrieb im Rechenzentrum Kreisverwaltung.
Gut leben, arbeiten und wohnen
im Rhein-Kreis Neuss
Für einen nachhaltigen und innovativen Rhein-Kreis Neuss mit hoher Lebensqualität wollen wir weiter Impulse setzen. Dazu gehören auch Gesundheit, Sicherheit – ob soziale oder in der Gefahrenabwehr - und attraktive Freizeitmöglichkeiten.
Der Gesundheitskreis
Für das Ziel eines Gesundheitskreises mit bester medizinischer Versorgung sind wir mit dem Rheinland-Klinikum für die Notfallversorgung plus eigener Schwerpunkt-Medizin gut aufgestellt.
Die Entwicklung zu Fachzentren für Schmerztherapie und Geriatrie in Grevenbroich, für Orthopädie in Dormagen und für Kardiologie in Neuss war und ist der richtige Weg. Insgesamt sind es derzeit zwölf Zentren mit klarer Zuständigkeit.
Der stete Umbau und Anpassungen festigen die Zukunftschancen des Rheinland-Klinikums und damit die weiter hochwertige Akutversorgung als wichtige Säule der Daseinsvorsorge für die Menschen im Rhein-Kreis Neuss.
Der soziale Kreis
Soziale Belange waren schon immer ein Thema, dem sich Kreistag und Kreisverwaltung mit großem Engagement gewidmet haben. Ein wichtiges Stichwort ist hier das Gutachten „Silberner Plan“, mit dem wir bereits seit 1976 Ziele zur bedarfsgerechten Seniorenarbeit im Rhein-Kreis Neuss formulieren.
So sind wir mit Seniorenpflegeeinrichtungen im gesamten Kreisgebiet schon gut aufgestellt. Es gilt jedoch, die Pflegeinfrastruktur auch bei uns noch auszubauen. Weitere bedarfsorientierte Plätze sind bereits in Planung - von ambulant über teilstationär bis vollstationär.
Zu einer guten Sozialpolitik gehört auch eine aktive Beschäftigungspolitik; denn Arbeits- und Ausbildungsplätze zu sichern und neue zu schaffen, eröffnet Lebenschancen und Lebensperspektiven.
Umso erfreulicher ist, dass die Arbeitslosigkeit im Rhein-Kreis Neuss insgesamt betrachtet gesunken ist – von im Jahr 2009 noch 6,9 Prozent auf jetzt im November 5,5 Prozent.
Die Zahl der der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten hat bei der letzten Erhebung im März 2022 sogar den Rekordwert von 159.298 erreicht. Das ist ein Anstieg um 24,3 Prozent im Vergleich zu 2009.
Angesichts der in diesem Jahr weitestgehend ausgebliebenen Herbstbelebung, der Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine, gesunkener Konsumerwartungen und gestiegener Energiekosten erweist sich der Arbeitsmarkt bei uns weiter als robust und liegt mit der aktuellen Arbeitslosenquote auf dem Niveau vergangener Jahre ohne multiple Krisensituation.
Die Gesamtentwicklung stimmt also positiv; und auch wenn zum Teil unwägbare äußere Faktoren auf uns einwirken, sind die Geschäftsaussichten im Rhein-Kreis Neuss weiterhin beträchtlich.
Der lebenswerte Kreis
Wie Einkommen und Auskommen zählt das Wohnen zu den Grundbedürfnissen eines jeden Menschen.
Um einen Beitrag zu leisten, der Wohnungsknappheit im günstigen Marktsegment entgegenzusteuern, ist unsere Service- und Koordinierungsgesellschaft für preisgünstigen und bezahlbaren Wohnraum in diesem Jahr an den Start gegangen. 2023 wird es schon die ersten Projekte geben.
Die Zuständigkeit von bezahlbarem Wohnraum liegt bei den Städten und der Gemeinde im Kreis. Mit unserer Gesellschaft bündeln wir wertvolles Fachwissen beim Bau und der Verwaltung von preisgünstigen Wohnungen.
Über dieses Know-how verfügen weder die Städte und die Gemeinde noch der Kreis. Mit der Pyramis Immobilien Entwicklungs-GmbH haben wir hier einen Partner gefunden, der über Erfahrung bei der Schaffung von preisgünstigem Wohnraum mit Kommunen verfügt und zudem mit innovativen Konzepten überzeugt.
Auf dieses Angebot können unsere Kommunen nun bei Bedarf zurückgreifen.
Der sichere Kreis
Eine Region, in der es sich gut leben, arbeiten und wohnen lässt, ist nicht möglich ohne Sicherheit. Wir wollen uns daher zum Ende des Jahrzehnts als Kreis mit hoher Sicherheit und bestem Katastrophenschutz präsentieren.
Pandemien, zunehmende Extremwetterlagen und Angriffe auf unsere Infrastruktur – für all diese Fälle gilt es, sich optimal aufzustellen, um im Falle einer Krise immer schnell reagieren zu können.
Am besten ist, wenn Großschadens- und auch andere Ereignisse von vornherein vermieden werden können. Es ist aber gut zu wissen, dass wir mit unserer Leitstelle und den engagierten und leistungsstarken Einsatzkräften im Haupt- und Ehrenamt gut für Notfälle gerüstet sind. Zudem aktualisieren wir ständig unsere Konzepte zum Katstrophen- und Bevölkerungsschutz.
Damit wir im Rhein-Kreis Neuss auch in Zukunft bestens auf Gefahrenlagen und auf den Ernstfall vorbereitet sind, ist es wichtig, den Katastrophenschutz zu stärken. Dabei prüfen wir intensiv, wie ein Gefahrenabwehrzentrum dazu beitragen kann.
Der Bewegungskreis
Einen entscheidenden Anteil an der hohen Lebensqualität im Rhein-Kreis Neuss hat unsere heimische Sportlandschaft mit ihrer großen Bandbreite. Sport sichert zudem Bildung, Werte, Integration und Prävention.
Neben breitensportlichen Angeboten und attraktiven Events hat sich im Rhein-Kreis Neuss eine bemerkenswerte Leistungssport-Szene etabliert: Bundesligisten, Kaderathletinnen und -athleten bis hin zu den Teilnehmern an Olympischen Spielen gehören dazu.
Unser „Masterplan Leistungssport“ setzt dabei in besonderer Form auf die Entdeckung und Förderung von neuen Talenten.
Was die Unterstützung des Spitzensports betrifft, verfügen wir bereits über Standort-Merkmale, auf die wir heute und in Zukunft setzen können. Dazu gehört, dass wir anerkannte NRW-Leistungssportregion sind, dass wir eine NRW-Sportschule sowie ein Voll- und ein Teilinternat haben sowie zahlreiche Bundes- und Landesstützpunkte.
Hinzu kommen die Radsporthalle Büttgen und die Ringerhalle, die der Rhein-Kreis Neuss in Dormagen gebaut hat; außerdem die Säbelfecht-Halle, die wir in Knechtsteden planen.
Damit der hohe Standard bei uns gehalten wird und gleichzeitig preiswerte und qualifizierte Angebote für die Menschen bei uns gemacht werden können, fördern wir unsere Sportvereine auf vielfältige Weise: Schwerpunkt sind der Übungsleiterzuschuss und Ausbildungsangebote.
Basis und Spitze gehören zusammen. Ohne Spitzensport kein Breitensport, und ohne Breitensport kein Spitzensport. Wir wollen daher auch in Zukunft beste Voraussetzungen für beides bieten.
Die geplante Wildwasseranlage am Straberger See in Dormagen könnte sowohl dem Leistungs- als auch dem Freizeitsport zur Verfügung stehen und würde zu einer weiteren überregionalen Attraktion im Rhein-Kreis Neuss werden. Und sie könnte die durch den Strukturwandel wegfallenden Trainingsmöglichkeiten auf der Erft ersetzen.
Der Kulturkreis
Tradition und Moderne, Geschichte und Zukunft – der Reichtum und die Attraktivität unserer Kulturregion ist ein Markenzeichen des Rhein-Kreises Neuss.
Dies wollen wir mit den kreisangehörigen Kommunen über unseren gemeinsamen Kulturentwicklungsplan noch stärker sichtbar machen. Ziel ist die Stärkung unseres Rhein-Kreises Neuss als Kulturkreis für die Region mit deutschlandweiter und internationaler Strahlkraft.
Der Freundeskreis
Der freiwillige Einsatz der Bürgerinnen und Bürger ist das Herzstück unseres Gemeinwesens; er schafft Lebensqualität und trägt damit zu der großen Attraktivität unserer Region bei; er macht unseren Kreis zum Freundeskreis mit starkem Engagement in Ehrenamt und Vereinen.
Ob Schützenfeste, Karnevalsvereine, Sportvereine, Wohlfahrtsverbände oder Hilfsorganisationen - viele Angebote und Projekte gäbe es ohne das Ehrenamt nicht. Es ergänzt auch die kommunale Daseinsvorsorge.
Der Rhein Kreis Neuss würdigt dies zum Beispiel mit seinem Journalistenpreis pro Ehrenamt, seinem Sportehrenamtspreis, seinem Integrationspreis oder dem Ehrenamtspreis für soziales Engagement. Außerdem zeichnen wir besonderes Engagement in den Rettungsdiensten und bei der Feuerwehr aus.
Es ist der Zusammenhalt, der unseren Rhein-Kreis Neuss ausmacht. Und auf diesen Zusammenhalt konnten und können wir auch in Zukunft bauen.
Schluss & Dank
Wirtschaftlicher Wohlstand allein gibt nicht Aufschluss darüber, wie gut es den Menschen einer Region geht. Neben Beschäftigung spielen auch Bildung, Wohnen, Familienfreundlichkeit, Freizeitmöglichkeiten, Sicherheit sowie eine intakte Umwelt eine elementare Rolle, wenn wir Wohlstand ganzheitlich verstehen.
Bald beginnt wieder ein Jahr mit Krisen, die zuletzt Anfang 2020 mit den ersten Covid-19-Fällen einsetzten und sich fortlaufend – auch durch den Krieg in der Ukraine - in weitere Bereiche ausgeweitet haben. Ein Ende ist nicht absehbar. Umso deutlicher müssen wir heute machen, was wir langfristig für den Rhein-Kreis Neuss erreichen wollen.
„Die Qualität unserer Ziele bestimmt die Qualität unserer Zukunft“ - so lautet eine Maxime aus der Wirtschafts- und Managementwelt.
Auf unsere Arbeit bezogen heißt das: Auf dem Weg vom Energiekreis zum nachhaltigen Innovationskreis, wo man gut leben, arbeiten, und wohnen kann, wollen wir alle Chancen für unseren Standort nutzen.
Dazu brauchen wir eine weiterhin leistungsstarke Verwaltung. Weil sie aber auch zunehmend vom Fachkräftemangel betroffen ist, ist es notwendig, sich auf die wichtigen Themen zu konzentrieren.
Wir stehen auf festem Grund, von dem aus wir Jahrhundert-Aufgaben wie Digitalisierung, Energiewende und Strukturwandel zu unseren Gunsten gestalten können.
Das erfordert die Bereitschaft und Fähigkeit zu Veränderung und vorausschauendem Handeln. Engagiert, weltoffen und kreativ wollen wir daher gemeinsam mit unseren Städten und Gemeinden, den Unternehmen und unserer Bevölkerung für nachhaltiges Wachstum sorgen.
Und es gibt gute Gründe darauf zu vertrauen, dass wir eine erfolgreiche Zukunft für unsere Heimat gestalten können, wenn wir uns geschlossen hinter dieses Ziel stellen.
Wir haben es jetzt in der Hand, Rahmenbedingungen zu schaffen, die wirtschaftliche, soziale und Klimaziele gleichermaßen zur Geltung bringen. Dafür wollen wir im Kreistag engagiert arbeiten.
Und dafür steht auch der Ihnen vorliegende Haushaltsentwurf - in Solidarität zu unseren Städten und Gemeinden und in Verantwortung für die hier lebenden Menschen.
Bei den großen Themen haben wir im Kreistag stets verantwortungsvolle Lösungen mit breiten Mehrheiten gefunden. Dafür bin ich dankbar, und ich hoffe, dass uns das auch jetzt wieder gelingt.
Mein Dank gilt auch allen, die an der Aufstellung des Haushaltsentwurfs für 2023 beteiligt waren:
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Amtsleiterinnen und Amtsleitern, Dezernenten, unserem Kreisdirektor und besonders der Kämmerei mit unserem Kämmerer, Herrn Martin Stiller, für den der vorliegende Entwurf der erste ist, den er an der Spitze seines Teams ausgearbeitet hat.
Damit übergebe ich auch das Wort an den Kreiskämmerer, der Ihnen die Details zu den Zahlen des Haushaltsentwurfs vorstellen wird und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.