Europäisches Parlament und Deutsche Ratspräsidentschaft einigen sich auf Europäischen Aufbauplan und den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen der EU
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Am 11. November 2020 einigten sich das Europäische Parlament und die deutsche Ratspräsidentschaft über „NextGenerationEU“ (NGEU) mit einer Finanzausstattung von 750 Mio. Euro und den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) mit einer Finanzausstattung vom 1.074 Mrd. Euro. Der Kompromiss kam nach sog. 11 trilateralen politischen Gesprächen zwischen Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und dem Ministerrat zustande. Die Europaabgeordneten handelten im Verlaufe der Verhandlungen insgesamt 16 Mrd. Euro mehr für Schlüsselprogramme der Zukunft, wie das Gesundheitsprogramm „EU4Health“, das Forschungsprogramm „Horizont Europa“ und das Bildungsprogramm „Erasmus+“ aus. Mit einer Finanzausstattung von 750 Mrd. Euro für „NextGenerationEU“ und 1, 074 Mrd. Euro für den kommenden Mehrjährigen Finanzrahmen 201 – 2027 (zusammen 1.824 Mrd. Euro) ist mit dem Beschluss das bisher größte jemals von der EU geschnürte Finanzpaket der EU vereinbart worden.
Die wichtigsten Einzelheiten des Kompromisses zu NGEU und MFR
- Über 50 Prozent der Mittel dienen der Unterstützung der Modernisierung durch politische Maßnahmen: So werden Forschung und Innovation über das EU-Programm „Horizont Europa“ unterstützt, eine faire Klimawende und eine faire Digitalisierung über den „Fonds für einen gerechten Übergang“ und das Programm „Digitales Europa“, Vorsorge, Wiederaufbau und Resilienz über die „Aufbau- und Resilienzfaszilität“, „rescEU“ sowie das neue Gesundheitsprogramm „EU4Health“.
- Für traditionelle Politikbereiche wie die Kohäsionspolitik/Regionalpolitik (anteilige EU-Förderung für Strukturprojekte in den Regionen der Mitgliedsländer z.B. aus EFRE.NRW oder ESF.NRW) und die Gemeinsame Agrarpolitik wird es weiterhin erhebliche finanzielle Unterstützung geben. Diese seien sowohl für die Stabilität in Krisenzeiten als auch für die Modernisierung dieser Politikbereiche, die zum Wiederaufbau sowie zur grünen und digitalen Wende beitragen sollen, dringend notwendig.
- Es werden 30 Prozent der EU-Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels ausgegeben, ein höherer Anteil als jemals zuvor bestimmt wurde. Im Rahmen des Pakets werden auch der Schutz der biologischen Vielfalt und die Geschlechtergleichstellung besonderes Augenmerk erhalten.
- Der Haushalt wird über verstärkte Flexibilitätsmechanismen verfügen 5 Prozent der jeweiligen Finanzmittel sollen zwischen den Fonds verschoben werden könne, sodass die Kapazitäten zur Deckung von unvorhergesehenem Bedarf auch tatsächlich vorhanden sind. Der Haushalt kann damit nach dem gemeinsamen Wunsch von Europäischer Kommission und Europäischem Parlament nicht nur den Gegebenheiten von heute, sondern auch den wirtschaftlichen Unwägbarkeiten von morgen gerecht werden.
- Gemäß dem im Mai 2020 vorgelegten Vorschlag, auf den sich die Staats- und Regierungschefs der EU am 21. Juli 2020 geeinigt hatten, wird die EU zur Finanzierung des Wiederaufbaus Gelder auf den Finanzmärkten aufnehmen – was sie kostengünstiger tun kann als viele Mitgliedstaaten – und die Mittel an diese weitergeben.
- Ein klarer Fahrplan für neue Eigenmittel soll zur Rückzahlung der aufgenommenen Mittel beitragen. Die Kommission hat sich verpflichtet, bis Juni 2021 Vorschläge für ein CO2-Grenzausgleichssystem und eine Digitalabgabe vorzulegen, damit diese spätestens am 1. Januar 2023 eingeführt werden können. Die Kommission wird zudem im Frühjahr 2021 das EU-Emissionshandelssystem einschließlich der Möglichkeit seiner Ausweitung auf den Luft- und Seeverkehr überprüfen. Sie wird dabei bis Juni 2021 eine neue Eigenmittelkategorie auf der Grundlage des Emissionshandelssystems vorschlagen und bis Juni 2024 Vorschläge für weitere neue Eigenmittel vorlegen, zu denen eine Finanztransaktionssteuer und ein finanzieller Beitrag im Zusammenhang mit dem Unternehmenssektor oder eine neue gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage gehören könnten.
- Was den Schutz des EU-Haushalts betrifft, wird es, wie am 5. November auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs vereinbart, erstmals einen besonderen Mechanismus zum Schutz des Haushalts vor Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit eingeführt. In diesem Zusammenhang wird betont, dass dabei die Endbegünstigten von EU-Mitteln in den betroffenen Mitgliedstaaten durch diesen Mechanismus jedoch nicht beeinträchtigt werden sollen
Weiteres Vorgehen zum Inkrafttreten beider Finanzpakete
Die Verordnung zum Mehrjährigen Finanzrahmen und die gebilligte sog. Interinstitutionelle Vereinbarung zur Höhe und Einsatz der EU-Finanzmittel müssen nun vom Europäischen Parlament und vom Rat gemäß den geltenden Verfahren förmlich angenommen werden. Im Falle des Eigenmittelbeschlusses, der es der Kommission ermöglichen wird, Mittel auf den internationalen Finanzmärkten aufzunehmen, ist auch eine Ratifizierung durch alle Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften erforderlich (Beschluss der nationalen Parlamente). Das Europäische Parlament hat auf seiner Plenarsitzung im September bereits eine positive Stellungnahme zu diesem Rechtsakt abgegeben.
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