Europäische Kommission stellt „Renovierungswelle“ und das neue „Europäische Bauhaus“ vor.
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Die Europäische Kommission hat am 14. Oktober 2020 eine Strategie für eine „Renovierungswelle“ zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden in Europa veröffentlicht, danach soll sich die Renovierungsquote in den nächsten zehn Jahren mindestens verdoppeln, um die Lebensqualität der Menschen zu verbessern, die Treibhausgasemissionen zu verringern und die Digitalisierung zu fördern. Das neue europäische Bauhaus soll Wissenschaft, Architektur, Design, Kunst, Planung und Zivilgesellschaft zusammenbringen mit dem Ziel, gutes Design mit Nachhaltigkeit zu verbinden. Diese Pläne stellte Kommissionspräsidentin von der Leyen auf einer Pressekonferenz vor.
„Renovierungswelle“
Nach den Berechnungen der Europäischen Kommission könnten bis 2035 35 Mio. Gebäude renoviert werden und bis zu 160.000 zusätzliche grüne Arbeitsplätze im Baugewerbe entstehen. Jedes Jahr werde lediglich 1 Prozent des Gebäudebestands durch Renovierungen energieeffizienter, obwohl ca. 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen in der EU auf Gebäude entfallen. Die neue Strategie soll auch dabei helfen, die Energiearmut zu bekämpfen, denn fast 34 Mio. Europäer/innen könnten es sich nicht leisten, ihre Wohnung zu heizen.
Durch die Strategie erhalten Maßnahmen in drei Bereichen Priorität:
- Dekarbonisierung der Wärme- und Kälteerzeugung,
- Bekämpfung von Energiearmut und Maßnahmen für Gebäude mit der geringsten Energieeffizienz
- Renovierung öffentlicher Gebäude (Schulen, Krankenhäuser, Verwaltungsgebäude usw.).
Die Kommission schlägt vor, die in der gesamten Renovierungskette – von der Planung und Finanzierung eines Projekts bis zu dessen Fertigstellung – bestehenden Hindernisse durch eine Reihe von Maßnahmen und Instrumenten in den Bereichen Finanzierung und technische Unterstützung zu beseitigen, durch folgende Maßnahmen:
- Strengere Vorschriften, Standards und Informationen in Bezug auf die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, um Renovierungen im öffentlichen und privaten Sektor attraktiver zu machen . Darunter fallen auch die schrittweise Einführung verbindlicher Mindestnormen für die Gesamtenergieeffizienz bestehender Gebäude, aktualisierte Vorschriften für Energieeffizienzausweise und eine etwaige Ausweitung der Renovierungsanforderungen für den öffentlichen Sektor;
- Gewährleistung einer leicht zugänglichen und gezielten Finanzierung, unter anderem durch die europäischen Vorzeigeprojekte „Renovieren“ und „Vorantreiben“, die in der Aufbau- und Resilienzfaszilität im Rahmen von NextGenerationEU vorgesehen sind, vereinfachte Regeln für die Kombination verschiedener Finanzierungskanäle und vielfältige Anreize für private Finanzierungen;
- Ausbau der Kapazitäten für die Vorbereitung und Durchführung von Renovierungsprojekten. Dies reicht von der technischen Unterstützung der nationalen und lokalen Behörden bis hin zu Ausbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zugunsten von Beschäftigten, die die neuen „grünen Arbeitsplätze“ ausfüllen;
- Ausweitung des Marktes für nachhaltige Bauprodukte und -leistungen; darunter fallen die Integration neuer Werkstoffe und naturbasierte Lösungen sowie die Überarbeitung der Rechtsvorschriften über die Vermarktung von Bauprodukten und Zielvorgaben für Wiederverwendung und Verwertung;
- Entwicklung von stadtteilbezogenen Konzepten für lokale Gemeinschaften, um auf erneuerbaren Energien und Digitalisierung basierende Lösungen zu integrieren und Bezirke mit ausgeglichener Energiebilanz zu schaffen, in denen die Verbraucher zu Prosumenten (d.h. Produzent und Konsument zugleich) werden, die Energie an das Netz verkaufen. Die Strategie umfasst auch eine für 100 Bezirke ausgelegte Initiative für bezahlbaren Wohnraum.
- Im Zuge der für Juni 2021 vorgesehenen Überprüfung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie erwägt die Europäische Kommission, den Vorgaben für die Wärme- und Kälteerzeugung aus erneuerbaren Quellen einen höheren Stellenwert zu geben und ein Mindestniveau an Energie aus erneuerbaren Quellen in Gebäuden einzuführen.
- Die Kommission will auch prüfen, wie die Haushaltsmittel der EU neben den Einnahmen aus dem EU-Emissionshandelssystem (EU-EHS) zur Finanzierung nationaler, auf einkommensschwächere Bevölkerungsgruppen zugeschnittener Energieeffizienz- und Energiesparprogramme eingesetzt werden könnten.
- Der Ökodesign-Rahmen wird weiterentwickelt, damit effiziente, gebäudegerechte Produkte auf den Markt gebracht und ihre Verwendung gefördert werden.
Das Europäische Bauhaus
Dieses soll ein interdisziplinäres Projekt werden, dem ein Beratungsgremium aus externen Sachverständigen aus Wissenschaft, Architektur, Design, Kunst, Planung und Zivilgesellschaft vorstehen wird. Bis Sommer 2021 will die Europäische Kommission einen breit angelegten, partizipativen Prozess zur gemeinsamen Gestaltung einleiten, bevor sie ein Netz von fünf Gründungs-Bauhäusern im Jahr 2022 in verschiedenen EU-Ländern einrichtet. Nach den Vorstellungen der Kommissionspräsidentin soll mit dem Bauhaus eine neue Ästhetik gefördert werden, die Funktion und Erfindergeist miteinander verbindet. Ziel sei, dafür zu sorgen, dass eine lebenswerte Umgebung für niemanden ein Luxus sei und Leistbarkeit und künstlerischer Anspruch in einer nachhaltigen Zukunft zusammenfinde; „Beim Neuen Bauhaus geht es darum, den Menschen den Grünen Deal näherzubringen - in den Köpfen und ihren Häusern“, sagte Ursula von der Leyen zur Erläuterung.
Hintergrund:
Zur Begründung ihrer beiden Initiativen verweist die Europäische Kommission auf folgende Fakten:
- Von Investitionen in Gebäude können dringend benötigte Impulse für das Baugewerbe und die gesamte Wirtschaft ausgehen. Renovierungsarbeiten sind arbeitsintensiv, schaffen Arbeitsplätze und führen zu Investitionen, die oftmals mit lokalen Lieferketten verknüpft sind, erhöhen die Nachfrage nach besonders energieeffizienten Geräten, sorgen für mehr Klimaresilienz und steigern den langfristigen Wert von Immobilien.
- Um das von der Kommission im September 2020 vorgeschlagene Emissionsminderungsziel von mindestens 55 Prozent bis 2030 zu erreichen, muss die EU die Treibhausgasemissionen von Gebäuden um 60 Prozent, ihren Energieverbrauch um 14 Prozent und den Energieverbrauch für Heizung und Kühlung um 18 Prozent senken.
- Die politischen Maßnahmen und Finanzierungen der EU hätten sich zwar bereits positiv auf die Energieeffizienz von Neubauten ausgewirkt, bei denen der Energiebedarf heute nur halb so hoch ist wie bei Gebäuden, die vor mehr als 20 Jahren errichtet wurden. In der EU sind allerdings 85 Prozent der Gebäude über 20 Jahre alt, und 85 Prozent bis 95 Prozent dürften 2050 noch bestehen. Die Renovierungswelle ist erforderlich, damit für diese Gebäude ähnliche Standards erreicht werden.
Wichtiger Hinweis: Sie sehen eine Archivseite. Diese Informationen geben den Stand des Veröffentlichungstages wieder (13.10.2020) und sind möglicherweise nicht mehr aktuell.